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Wolfgang Schuller

Die deutsche Revolution 1989

Berlin: Rowohlt 2009; 384 S.; hardc., 19,90 €; ISBN 978-3-87134-573-9
Als die Polizisten am 2. Oktober 1989 angesichts der Demonstranten den „Lautsprecher einschalteten und sagten: ‚Hier spricht die Volkspolizei’, antwortete die Menge: ‚Wir sind das Volk’“ (305), zitiert Schuller einen der Demonstrationsteilnehmer – ein wichtiges Symbol der Revolution war in der Welt. Und die Bürger von Plauen forderten schon am 7. Oktober hellsichtig die Wiedervereinigung. Diese detaillierte Darstellung vieler einzelner Ereignisse verleiht dem Buch unter den mittlerweile zahlreichen Werken zur friedlichen Revolution eine Einzelstellung und bietet sich so auch für einen größeren Leserkreis an. Schuller würdigt ausdrücklich den Mut der vielen Bürger aller Berufe und aller Schichten, die in mindestens 320 Städten und Orten in allen Teilen des Landes auf die Straße gegangen waren. Dem Volk sei das Glücken der Revolution zu verdanken – ohne die Bürger wären die oppositionellen Intellektuellen wohl noch lange unter sich geblieben. Schuller erkennt gleichwohl die Leistung der Oppositionellen an, die manchmal schon lange Jahre unter der Staatsmacht gelitten hatten und schließlich die Initialzündung für den Protest gaben. Aber deren basisdemokratische Vorstellungen und die Idee von einer reformierten DDR „wurden durch den Wunsch nach parlamentarischer Demokratie und nach Wiedervereinigung abgelöst, weil zu den intellektuellen politischen Gruppen des Anfangs die Durchschnittsbürger einer Volksbewegung hinzukamen“ (289). Ausführlich erinnert wird auch an die herausragende Rolle der Kirche – sowohl weil sie der Opposition Raum gab als auch mit Blick auf die zahlreichen Pfarrer, die sich aktiv engagierten und als Moderatoren zwischen Demonstranten und Staat die Entwicklung vorantrieben. Der alten SED‑Spitze bescheinigt Schuller für den Herbst 1989 einen Realitätsverlust und schließlich fehlenden Willen zur Macht, erinnert aber auch an die anfangs „grandiose Fehleinschätzung der Lage“ (313) auf westdeutscher Seite. Aber die Tatsache schließlich, dass die Revolution aus eigener Kraft gelang, sollte doch den Deutschen „eine glückhafte neue Identität“ vermitteln.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Wolfgang Schuller: Die deutsche Revolution 1989 Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31146-die-deutsche-revolution-1989_37040, veröffentlicht am 23.09.2009. Buch-Nr.: 37040 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken