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Walter Lehmann

Die Bundesrepublik und Franco-Spanien in den 50er Jahren. NS-Vergangenheit als Bürde?

München: R. Oldenbourg Verlag 2006 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 92); 247 S.; brosch., 24,80 €; ISBN 978-3-486-57987-1
Diss. FB Philosophie u. Geschichtswiss. Hamburg; Gutachter: A. Sywottek. – Die westdeutsche Spanienpolitik in den fünfziger Jahren wird in dieser Studie aus einem spezifischen Blickwinkel analysiert: Inwieweit prägte die nationalsozialistische Vergangenheit angesichts einer deutlichen Kontinuität der Elite im Auswärtigen Amt die Entwicklung der Beziehungen zu Spanien? Und welches Image hatte die spanische Diktatur in der Bundesrepublik? Lehmann gliedert seine Analyse in vier Themen: Aufbau und Entwicklung der politischen Beziehungen, wirtschaftliche Aspekte, militärpolitische Beziehungen sowie die deutsch-spanische Vergangenheit vor 1945 als Gegenstand der westdeutschen Politik. Die Spanienpolitik sei eine Gratwanderung zwischen der antikommunistisch motivierten Partnerschaft mit Madrid gewesen, in der sich die Bundesrepublik im Hinblick auf die NS-Vergangenheit gewissermaßen in einem geschützten Raum habe bewegen können, schreibt Lehmann, „und einer Umwelt, die eine durch das Bündnis zwischen Hitler und Franco belastete deutsch-spanische Verbindung überwiegend mit Skepsis begleitete“ (219). Das wohlwollende Bild des franquistischen Spaniens, das im Auswärtigen Amt vorherrschte, führte allerdings zu einer Unsensibilität, die schließlich in eine schwere außenpolitische Schlappe der Bundesregierung mündete: Sie scheiterte mit dem Versuch, Bundeswehr-Basen in Spanien (damals noch kein NATO-Mitglied) einzurichten, am Widerspruch der USA und Großbritanniens. „Am Ende stand die Bundesrepublik wie ein ertappter Sünder da.“ (222) Ein besonderes Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Spanien sei aber bestehen geblieben, schreibt Lehmann und verweist auf die Versorgungsleistungen für die ehemaligen Soldaten der Blauen Division auf der einen Seite und die ausgebliebenen Entschädigungen für die spanischen Opfer des Nationalsozialismus auf der anderen. Anders als andere Länder habe Spanien auf ein Entschädigungsabkommen verzichtet. Und die deutschen Diplomaten hätten die Beziehungen nicht durch Entschädigungen an die mutmaßlichen Gegner Francos stören wollen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.21 | 4.22 | 2.313 | 2.61 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Walter Lehmann: Die Bundesrepublik und Franco-Spanien in den 50er Jahren. München: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/25839-die-bundesrepublik-und-franco-spanien-in-den-50er-jahren_30000, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 30000 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken