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Tilmann Hanel

Die Bombe als Option. Motive für den Aufbau einer atomtechnischen Infrastruktur in der Bundesrepublik bis 1963

Essen: Klartext 2015; 264 S.; brosch., 24,95 €; ISBN 978-3-8375-1283-0
Geschichtswiss. Diss. Darmstadt; Begutachtung: M. Hård, H. Trischler. – Das Hauptmotiv für den Aufbau einer nationalen kerntechnischen Infrastruktur war der „von der bundesdeutschen Regierungspolitik getragene Wunsch, eine Option auf den Bau von Atomwaffen zu erlangen“ (20) – so die These von Tilmann Hanel, der er in seiner Dissertation nachgeht. Seine Annahme basiert auf der „Tatsache, dass auch die zur Stromerzeugung verwendeten Atomanlagen technisch nie eine wirkliche Abgrenzung zum militärischen Verwendungsbereich erfuhren“ (10). Die Interessen der Akteure aus den unterschiedlichen Bereichen, vorrangig Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Militär, stehen im Mittelpunkt seiner Untersuchung. Hanel deutet beispielsweise unter Rückgriff auf Kabinettsprotokolle, Autobiografien und weitere Quellen die von Bundeskanzler Konrad Adenauer 1954 im Rahmen der Pariser Verträge abgegebene Erklärung als von vornherein absichtlich unvollständigen Verzicht. Die anschließenden Versuche einer deutsch‑französischen militärisch orientieren Atomkooperation bestätigen diese Interpretation. Auf Regierungsebene herrschte diesbezüglich Einigkeit, allein das Bundesfinanzministerium äußerte Bedenken hinsichtlich einer eventuellen völkerrechtlich relevanten Verletzung der Verpflichtung. Die Diskussionen über diesen Punkt werden bereits seit mehreren Jahrzehnten immer wieder aufgegriffen, daher ist Hanels Einbeziehung der Lebensläufe einiger hochrangiger Mitarbeiter des Atomministeriums eine sehr gute Ergänzung. Er kommt zu dem Schluss, dass „mit großer Unbefangenheit Personen in Schlüsselpositionen der Kerntechnikentwicklung [gebracht wurden], deren Vergangenheit nicht dazu geeignet war, die Bonner Atom‑Ambitionen als unverdächtig erscheinen zu lassen“ (81). Von der Privatwirtschaft wurde das Vorgehen der Bundesregierung mit der Gründung der Physikalischen Studiengesellschaft und dem Bau des ersten Kernforschungszentrums unterstützt. Gründlich und umfassend erläutert Hanel, unter anderem mithilfe internationaler Vergleiche, dass die Umstände der Kerntechnikentwicklung in Deutschland „klar auf ein abseits der Stromgewinnung liegendes Streben“ (239) hinweisen. Darum betrachtet er die Kernkraftnutzung als „Relikt des Kalten Krieges“, sie gelte es daher „so weit als möglich zu begrenzen“ (249).
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Rubrizierung: 2.3132.3434.21 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Tilmann Hanel: Die Bombe als Option. Essen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38792-die-bombe-als-option_46910, veröffentlicht am 27.08.2015. Buch-Nr.: 46910 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken