Skip to main content
Angelika Dörfler-Dierken

Die Bedeutung der Jahre 1968 und 1981 für die Bundeswehr. Gesellschaft und Bundeswehr: Integration oder Abschottung?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Militär und Sozialwissenschaften 44); 126 S.; 28,- €; ISBN 978-3-8329-6181-7
Die Jahre 1968 und 1981 – als Etiketten für antiautoritäre bzw. pazifistische gesellschaftliche Strömungen verstanden – werden selten in ihren Auswirkungen auf die innere Verfasstheit der Bundeswehr untersucht. Diesem vernachlässigten, aber zum Verständnis der civil-military relations in Deutschland bedeutsamen Aspekt nimmt sich Dörfler-Dierken mit der zentralen Frage ihrer Studie an: Wie wirkten diese spezifischen Strömungen auf die Bundeswehr, inwiefern führten sie zu Abschottung oder Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft? Voraussetzung für eine Beantwortung sind nicht nur die Skizzierung der jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern auch der ideellen Grundlagen der Bundeswehr. Deshalb wird das zentrale Konzept der Inneren Führung – auch mit seinen Umsetzungsproblemen und Widersprüchlichkeiten – kenntnisreich dargestellt. Mit der gewissermaßen als Organisationsphilosophie der Bundeswehr dienenden Inneren Führung sollen die spezifischen Erfordernisse von Streitkräften mit den Grundpfeilern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung kompatibel gemacht werden. Damit ist ein grundsätzliches Spannungsfeld aufgezogen, dessen konkrete Ausgestaltung von den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt. An diesem Punkt setzt die Autorin ein zentrales Kapitel der Studie an, während in weiteren Abschnitten das konzeptionelle, aber auch alltägliche Aufeinanderprallen von traditionellen militärischen Werten mit antiautoritären Tendenzen oder mit pazifistischen Grundeinstellungen untersucht wird. Auf diese Weise gelingt eine erhellende Betrachtung des immer wieder neu aufgelegten Ringens um die Übertragung gesellschaftlicher Strömungen auf die Bundeswehr. Die antiautoritäre Stoßrichtung der 68er hinterließ der Studie zufolge durchaus deutliche Spuren in der Bundeswehr (unter anderem in Form einer Interpretation der Inneren Führung, die noch stärker auf Diskurs und Überzeugung setzte) und kann damit als Beispiel für die Kopplung der Streitkräfte an gesellschaftliche Tendenzen gesehen werden. Im Gegensatz dazu erkennt die Autorin eine solche Kopplung im Falle der pazifistischen Bewegungen Anfang der 80er-Jahre nicht. Hier konstatiert sie vielmehr eine Abschottung zwischen pazifistischem Mainstream und Bundeswehr – vor allem, weil die pazifistischen Argumente die Streitkräfte existenziell berührten.
Christian Becker (BEC)
Dr. rer. pol.
Rubrizierung: 2.324 | 2.313 | 2.331 | 2.333 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Christian Becker, Rezension zu: Angelika Dörfler-Dierken: Die Bedeutung der Jahre 1968 und 1981 für die Bundeswehr. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33517-die-bedeutung-der-jahre-1968-und-1981-fuer-die-bundeswehr_40106, veröffentlicht am 13.04.2011. Buch-Nr.: 40106 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken