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Bernd Martin / Arkadiusz Stempin (Hrsg.)

Deutschland und Polen in schweren Zeiten 1933-1990/Niemcy i Polska w trudnych latach 1933-1990. Alte Konflikte - neue Sichtweisen/Nowe spojrzenie na dawne konflikty. Mit einem Geleitwort von Czesław Madajczyk

Freiburg i. Br.: Rombach Verlag 2004; 278 S.; 19,80 €; ISBN 3-7930-9392-1
So verunglückt wie der Titel ist das Buch nicht. Die Autoren und Herausgeber dürften durchaus zustimmen, dass die Jahre von 1939-45 und die davor und danach auf sehr unterschiedliche Weise schwierig waren – zu verschieden, um sie im Titel so ineinander zu rücken. Der Band versammelt Beiträge zu aktuellen wissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten an den Historischen Instituten der Freiburger und der Posener Universität. So sind die jeweils in deutscher und polnischer Sprache abgedruckten Aufsätze sehr spezifischen geschichtswissenschaftlichen Forschungsfragen gewidmet, eine einführende Darstellung der deutsch-polnischen Beziehungen in diesem Zeitraum ist leider nicht enthalten. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive ist Krzysztof Rzepas Beitrag über die westdeutsche Reaktion auf den Posener Aufstand von 1956 von gewissem Interesse. Er interpretiert die deutsche Wahrnehmung des Aufstandes vor dem Hintergrund der damaligen außenpolitischen Grundsatzentscheidungen. Susanne Kuss fragt nach militärischen Traditionen in Deutschland, die für den Vernichtungsfeldzug gegen Polen begünstigend wirkten. Als Kontinuitätslinien werden die offensive Kriegsdoktrin, die Vernichtung als Mittel der Kriegsführung und die Unterordnung des Kriegsvölkerrechts unter die Imperative der Kriegsführung benannt. Nicolas Berg stellt den deutsch-jüdischen Holocaustforscher Joseph Wulf vor. Wulf, der selbst Ghetto, Konzentrationslager und Todesmarsch überlebt hat, machte es sich seit den frühen Fünfzigern als Berliner Privatmann zur Aufgabe, die Ereignisse des „Dritten Reiches“ zu dokumentieren. Seine wissenschaftsgeschichtlich hoch interessanten Veröffentlichungen wurden von der damaligen Fachwelt skeptisch bis feindlich aufgenommen, sie brachen mit Tabus der deutschen Nachkriegsgesellschaft und belegten die personelle Kontinuität der frühen Bundesrepublik zum „Dritten Reich“. Aus dem Inhalt: Karina Pryt: Kulturbeziehungen zwischen Hitler-Deutschland und Piłsudskis Polen 1934-1939 (35-49) Susanne Kuss: Vernichtungskrieg in Polen 1939: Vernichtung als Kontinuität in der deutschen Militärgeschichte (69-86) Ralf Meindl: Die Politik des ostpreußischen Gauleiters Erich Koch in den annektierten polnischen Gebieten als Ausdruck nationalsozialistischer Zielvorstellungen (101-115) Bożena Górczyńska-Przybyłowicz: Der Warthegau – ein nationalsozialistischer Mustergau (125-131) Heinrich Schwendemann: Das Posener Schloss – von der Kaiserpfalz zur „Führerresidenz“ (151-167) Astrid Julia Irrgang: Der Warschauer Aufstand 1944 in den Feldpostbriefen des jungen Wehrmachtsoffiziers Peter Stölten (181-190) Nicolas Berg: Der Holocaust-Forscher Joseph Wulf und sein Buch über die Vernichtung des Warschauer Ghettos (205-218) Krzysztof Rzepa: Das westdeutsche Echo auf die Posener Erhebung der Arbeiter im Juni 1956 (227-234) Arkadiusz Stempin: Zwischen Vorsicht und Kühnheit – das Maximilian-Kolbe-Werk als Pionier der deutsch-polnischen Aussöhnung (253-268)
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.312 | 2.62 | 4.2 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Bernd Martin / Arkadiusz Stempin (Hrsg.): Deutschland und Polen in schweren Zeiten 1933-1990/Niemcy i Polska w trudnych latach 1933-1990. Freiburg i. Br.: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23994-deutschland-und-polen-in-schweren-zeiten-1933-1990niemcy-i-polska-w-trudnych-latach-1933-1990_27610, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 27610 Rezension drucken