Mit dem vierten Band der „Deutschen Zustände“ wird das von der Volkswagen-, der Freudenberg- und der Möllgard-Stiftung unterstützte Langzeitprojekt des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld fortgesetzt. Im Zentrum des von Heitmeyer betreuten Projektes steht die Analyse von Verbreitung und Ursachen dessen, was die Forscher „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ nennen. Gemeint sind damit Einstellungen und Verhaltensweisen, die Personen aufgrund ihrer gewählten oder zugeschriebenen Gruppenzugehörigkeit abwerten und ausgrenzen. Die dem zugrunde liegende Ideologie der Ungleichwertigkeit ist seit 2002 Gegenstand repräsentativer empirischer Erhebungen; die Befragung von 2005 unterstreicht, dass in der Wahrnehmung der Bevölkerung Ängste vor zunehmender sozialer Desintegration an Gewicht gewonnen haben. Furcht vor Arbeitslosigkeit, sinkendem Lebensstandard und sozialem Abstieg erzeugen ein Klima, in dem Solidarität, Fairness und Gerechtigkeit, also Grundprinzipien einer integrationsfähigen Gesellschaft, keine hohe Geltung mehr zu haben scheinen. Diese Tendenzen sind deshalb gefährlich – so Heitmeyer –, weil sie einerseits die Ohnmachtsgefühle der politischen Mitte verstärken, andererseits das rechtspopulistische Potenzial vergrößern: 2005 lassen sich diesen Untersuchungen zufolge 26 % der Befragten dazu rechnen. Beide Entwicklungen untergraben die Barrieren gegenüber Abwertungs- und Ausgrenzungspraktiken, die sich gegen Fremde, schwache Gruppen und Normabweichende wenden. Wie auch die früheren Ausgaben enthält der aktuelle Band teils empirische Analysen, teils Fallgeschichten und Kommentare, die unterschiedliche Aspekte gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit behandeln.