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Reinhard Rürup

Der lange Schatten des Nationalsozialismus. Geschichte, Geschichtspolitik und Erinnerungskultur. Herausgegeben für das Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin von Stefanie Schüler-Springorum in Verbindung mit der Stiftung Topographie des Terrors

Göttingen: Wallstein Verlag 2014; 248 S.; geb., 24,90 €; ISBN 978-3-8353-1530-3
Anlässlich seines 80. Geburtstages erscheint eine Sammlung von Texten Reinhard Rürups, langjähriger Leiter der Gedenkstätte Topographie des Terrors und ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Geschichte an der Technischen Universität Berlin. Die Beiträge behandeln die „Geschichte des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945“ und „Fragen der Geschichtspolitik und der Erinnerungskultur, d. h. [zum] Umgang mit dieser Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart“ (15). In der Hauptsache handelt es sich um überarbeitete Fassungen von größtenteils bisher unveröffentlichten Vorträgen. Umrahmt werden die beiden Themenschwerpunkte von zwei europäisch vergleichend angelegten Beiträgen. Mit Blick auf die europäischen Diktaturerfahrungen im 20. Jahrhundert formuliert Rürup eingangs Anforderungen an einen gemeinsamen Umgang mit diesem Erbe: „Es gilt, die Opfer zu ehren […], es gilt, über die Täter und ihre Taten so genau wie möglich aufzuklären, und es gilt, die gesellschaftlichen Ursachen und Voraussetzungen solcher Systeme aufzudecken, um ihre Wiederkehr zu verhindern.“ (29) National unterschiedliche Entwicklungen in der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust werden im abschließenden Aufsatz deutlich. Gemeinsam ist ihnen jedoch eine Konzentration auf die Erinnerung an die Vernichtung der europäischen Juden „als ein einzigartiges, alle Vorstellungen von Vernunft und Moral sprengendes Ereignis, eine Bündelung aller destruktiven Tendenzen des 20. Jahrhunderts, ein Einbruch des absolut Bösen in die zivilisierte Welt“ (225). Damalige gesellschaftliche Anpassungstendenzen an das NS‑Regime werden in einem Überblick über die Geschichte der Kaiser‑Wilhelm‑Gesellschaft (heute: Max‑Planck‑Gesellschaft) verdeutlicht, verbunden mit der „Einsicht, dass auch Wissenschaft auf höchstem Niveau nicht davor schützt, an dem Verrat des christlichen, humanistischen und liberalen europäischen Erbes […] beteiligt zu sein“ (122). Mit Blick auf die Gedenkstättenlandschaft und die politische Bildungsarbeit sieht Rürup die „Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus“ als „grundlegend für die Stabilität der Demokratie in Deutschland“ (144) an.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.352.3121.3 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Reinhard Rürup: Der lange Schatten des Nationalsozialismus. Göttingen: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37594-der-lange-schatten-des-nationalsozialismus_46011, veröffentlicht am 25.09.2014. Buch-Nr.: 46011 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken