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Bernhard Miller (Hrsg.)

Der Koalitionsausschuss. Existenz, Einsatz und Effekte einer informellen Arena des Koalitionsmanagements

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Studien zum Parlamentarismus 18); 286 S.; 39,- €; ISBN 978-3-8329-6138-1
Diss. Mannheim; Begutachtung: W. C. Müller, T. Saalfeld. – In Deutschland wird die Tendenz zur Informalisierung des Regierens häufig an der Bedeutung des Koalitionsausschusses festgemacht. Miller analysiert diese Institution systematisch, wobei 17 westeuropäische Länder von 1945 bis 1999 verglichen werden. Drei Fragen sind dabei zentral: „Wie lässt sich die Existenz von Koalitionsausschüssen systematisch erklären? [...] Mit welchen Mechanismen agiert der Koalitionsausschuss als Arena des Konfliktmanagements? [...] Welche Effekte hat der Einsatz eines Koalitionsausschusses als Koalitionsmanagementmechanismus?“ (18) Zur Beantwortung werden quantitative und qualitative Verfahren angewendet. Eine intensivere Betrachtung erfolgt dabei insbesondere im Rahmen von Analysen der bundesdeutschen Regierungen Kiesinger und Schmidt. Als zentrales Ergebnis konstatiert Miller: „Das Argument dieser Arbeit gibt die in der Koalitionsliteratur gängige Annahme, dass es sich bei Parteien um einheitlich handelnde Akteure handle, auf. Im Kontext von Entscheidungen innerhalb von Koalitionen ist diese Annahme unrealistisch“ (236). Außerdem stehe der Koalitionsausschuss für die parteiliche Kontrolle der Ministerien, deren Macht zur Agendasetzung mithilfe des Gremiums unterlaufen werde. „Kontrolle im Koalitionsausschuss richtet sich somit gegen die Minister im Kabinett, die Gesetzentwürfe erarbeiten“ (236), schreibt Miller. Grundsätzlich verlängere „der Einsatz eines Koalitionsausschusses die Lebensdauer einer Regierung“ (237). Abschließend plädiert der Autor für eine stärkere Beachtung informeller Institutionen im Bereich der Institutionenforschung. Auf normative Kritikpunkte am Koalitionsausschuss geht er nur kurz ein. Entgegen der Entparlamentarisierungsthese steht das Gremium Miller zufolge nicht für eine Entmachtung der Parlamente, sondern beschränke vielmehr den Einfluss der Exekutive. Defizite bestehen jedoch im Bereich der Transparenz. Insofern sei die normative Bewertung des Koalitionsausschusses vor allem eine Sache der Abwägung zwischen demokratischer Stabilität und öffentlicher Transparenz. Miller unterlässt die Beantwortung dieser Frage. Das ist etwas unbefriedigend, soll den Wert des informativen Buches aber nicht nachhaltig schmälern.
Markus Linden (LIN)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, SFB 600 - Teilprojekt C7 "Die politische Repräsentation von Fremden und Armen", Universität Trier.
Rubrizierung: 2.21 | 2.322 | 2.321 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Bernhard Miller (Hrsg.): Der Koalitionsausschuss. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33705-der-koalitionsausschuss_40367, veröffentlicht am 23.08.2012. Buch-Nr.: 40367 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken