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Matthias Theodor Vogt / Jan Sokol / Dieter Bingen / Jürgen Neyer / Albert Löhr (Hrsg.)

Der Fremde als Bereicherung

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2010 (Schriften des Collegium Pontes 5); 384 S.; 54,80 €; ISBN 978-3-631-60233-1
Die Autoren widmen sich im ersten Teil der Stellung von Minderheiten zumeist aus historischer Perspektive. Am Beispiel Polens und der Türkei, Russlands und Österreichs, des Deutschen Reiches und des Stauferreichs beleuchten sie unterschiedliche Modelle der Entstehung und des Umgangs mit Minderheiten sowie deren spezifische Vor- und Nachteile, die sich daraus für die Mehrheitsgesellschaften ergeben. Im zweiten Teil geht es ganz aktuell um die Minderheitenpolitik in Georgien. Die Autoren erklären und kritisieren diese Minderheitenpolitik im Kontext der geostrategischen Situation. Sie sehen in ihr eine wichtige Ursache dafür, dass sich der Kaukasus zum „Pulverfass“ entwickelt hat: „Der Gedanke des Volkskörpers wurde und wird den imperialen Gebärden aus Nord, West und Südost entgegengehalten. Was aber den drei Titularnationen der Armenier, Aserbaidschaner und Georgier auf ihrer nationalstaatlichen Ebene gilt, das darf nach deren Willen auf der Ebene all der anderen Völker nicht gelten, die eben deshalb mit einem traurigen Wort des 19. Jahrhunderts als Minderheiten bezeichnet […] werden.“ (207 f.) Genau wie in den Beiträgen des ersten Teils wird auch in diesen Studien für einen offenen Umgang mit Minderheiten plädiert – eine Einstellung, in der Andersartigkeit nicht als Fremdheit abgewertet wird, sondern Vielfalt als Bereicherung und „Mehrwert“ gesehen wird. Dabei wollen die Autoren Mehrwert durchaus auch im rein materiellen Sinn sehen, so wie der Begriff „in Bezug auf Minderheiten und deren Funktionen jahrhundertelang gebraucht [worden sei], bevor sie im übertragenen Sinn als geistige Bereicherung uminterpretiert wurden“ (84). Eingerahmt werden die wissenschaftlichen Beiträge durch zwei Geleitworte des ehemaligen Sächsischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst Hans Joachim Meyer und des Botschafters der Republik Polen in Deutschland Marek Prawda. Der Band enthält die Ergebnisse des Collegium Pontes Görlitz-Zgorzelec-Zhořelec aus dem Sommer 2009. Es handelt sich um eine gemeinsame Forschungseinrichtung des Instituts für kulturelle Infrastruktur Sachsen, der Hochschule Zittau/Görlitz, des Internationalen Hochschulinstituts Zittau, der Universität Wrocław (Breslau), der Karls-Universität Prag, der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder und der Adam-Mickiewicz-Universität Posen. Renommierte Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen forschen gemeinsam mit Nachwuchskräften und Gastdozenten zur Praxis der Idee Europa.
Markus Lang (ML)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.42 | 2.61 | 2.63 | 2.4 | 2.23 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Markus Lang, Rezension zu: Matthias Theodor Vogt / Jan Sokol / Dieter Bingen / Jürgen Neyer / Albert Löhr (Hrsg.): Der Fremde als Bereicherung Frankfurt a. M. u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33743-der-fremde-als-bereicherung_40416, veröffentlicht am 25.08.2011. Buch-Nr.: 40416 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken