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Alan Cassidy / Philipp Loser

Der Fall FDP. Eine Partei verliert ihr Land

Zürich: Rotpunktverlag 2015; 215 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 978-3-85869-646-5
Die Schweizer FDP war und ist politisch viel bedeutsamer und erfolgreicher als ihre deutsche Schwesterpartei. Die Autoren beschreiben in ihrem Buch jedoch einen seit Jahren stetigen Niedergang der Partei – der sogenannte Freisinn sei nur solange die größte und prägende politische Kraft in der Schweiz gewesen, bis die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP) die „Vorherrschaft im bürgerlichen Block von der FDP übernommen“ (9) habe. Seither fehle ihr eine eigene Idee für die Zukunft der Schweiz. „Symptom dieser Ratlosigkeit“ (10) sei die Wahl des aktuellen Parteichefs Phillip Müller. Der Bauunternehmer aus der Provinz ist laut Alan Cassidy und Philipp Loser bekennender Nicht‑Zeitungsleser und der erste Nicht‑Akademiker an der Parteispitze. Er „scheut sich nicht vor vulgärer Sprache“ (11), kritisiere Einwanderer genauso harsch wie Banker und positioniere die Partei deutlich rechts der Mitte. Die Autoren bezeichnen ihn als Experiment der Partei, als einen von zahlreichen Versuchen, an alte Erfolge anzuknüpfen. Da Flügelkämpfe für die Außenwirkung nicht hilfreich seien, habe die Partei ihre Flügel quasi abgeschafft, zugunsten neuer Geschlossenheit und zulasten der linken Parteimitglieder. Aber selbst die Schweizer Wirtschaft entfremde sich zunehmend von der einstigen Wirtschaftspartei FDP. Deren isolationistischer Eifer, der sich in Europaskepsis und Abschottung gegenüber Einwanderung äußere, schrecke auch Wirtschaftsführer ab, die den Liberalen früher sehr nahe standen. Vor wenigen Jahren noch habe der Freisinn das „fein gewobene Netz zwischen Wirtschaftsverbänden, Firmenvertretern, Chefbeamten und Politikern“ (103) in der Schweiz dominiert. Die Verfilzung habe teils zu staatswirtschaftlichen Zuständen geführt. Als die Partei dann unter hohem Druck von außen das Tabu des Bankgeheimnisses im Zuge der Weltfinanzkrise angerührt habe, habe das einer Revolution geglichen. Cassidy und Loser resümieren, dass die große Zeit der FDP trotz aller Reformen und Richtungsänderungen unwiederbringlich verloren sei. „Nie mehr wird sie den Diskurs so prägen“ (209), sie sei zwar noch immer mächtig, aber nicht mehr staatstragend. Die FDP sei heute nur noch eine Partei unter vielen, sie sei „normal geworden“ (209).
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Rubrizierung: 2.5 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Alan Cassidy / Philipp Loser: Der Fall FDP. Zürich: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38822-der-fall-fdp_47189, veröffentlicht am 03.09.2015. Buch-Nr.: 47189 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken