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Christine Trampusch

Der erschöpfte Sozialstaat. Transformation eines Politikfeldes

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2009; 268 S.; kart., 32,90 €; ISBN 978-3-593-38907-3
Habilitationsschrift Göttingen. – Entautonomisierung der Sozialpolitik – so lautet schlagwortartig zusammengefasst die zentrale These der Autorin angesichts der massiven Veränderungen in der deutschen Sozialpolitik. In ihrer Analyse setzt sich Trampusch vor allem mit der These der Pfadabhängigkeit in der Sozialpolitik auseinander, die Esping-Andersen prominent formulierte. Sie betrachtet den Zeitraum von Mitte der 50er-Jahre bis 2005 und stützt sich dabei auf eine breite Materialbasis, die Zeitungsmeldungen ebenso umfasst wie Ausschussprotokolle des Bundestages sowie zahlreiche Interviews mit Entscheidungsträgern. Die Autorin nähert sich der Problematik damit aus der Perspektive der Policy-Forschung und untersucht sowohl die Eigengesetzlichkeiten dieses Politikfeldes als auch die Handlungsoptionen und Interessenlagen auf Seiten der beteiligten Akteure. Trampusch geht schließlich über die Diagnose exogen indizierter Dynamiken der beobachteten Veränderungen hinaus. Nicht Wiedervereinigung, Europäisierung und Globalisierung verändern ihrer Ansicht nach die deutsche Sozialpolitik. Vielmehr macht sie endogene Ursachen für die Abkehr des sozialpolitischen Gefüges von Akteurskonstellationen und Lösungsmustern aus. So stelle der Skandal um die gefälschten Vermittlungszahlen der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 2002 jenen exogenen Schock dar, der laut Esping-Andersen zum Aufbrechen der gefrorenen Landschaften führe. Daran anknüpfend dränge die Politik den Einfluss von Verbänden zurück und sichere sich die Suprematie. Dazu komme ein Wandel der Eliten in der Sozialpolitik. Seit den 90er-Jahren ersetzten Berufsparteipolitiker die Berufssozialpolitiker – auch im Bundestagsausschuss für Arbeit und Sozialordnung. Damit habe sowohl die Selbstverwaltung in der Sozialpolitik ein Ende gefunden als auch der große Einfluss von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden auf die Gestaltung dieses Politikfeldes. Diese Entwicklung ist nach Beobachtung der Autorin aber nicht abgekoppelt von gesamtgesellschaftlichen Veränderungen; vielmehr gehe sie einher mit Fragmentierung und Pluralisierung sowohl in den Parteien als auch in den Gewerkschaften.
Daniel Gerstenhauer (DG)
M. A., Sozialwissenschaftler, Doktorand, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.342 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Daniel Gerstenhauer, Rezension zu: Christine Trampusch: Der erschöpfte Sozialstaat. Frankfurt a. M./New York: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31063-der-erschoepfte-sozialstaat_36933, veröffentlicht am 18.11.2009. Buch-Nr.: 36933 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken