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Anja Seiffert / Phil C. Langer / Carsten Pietsch (Hrsg.)

Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Sozial- und politikwissenschaftliche Perspektiven

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012 (Schriftenreihe des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr 11); 240 S.; brosch., 34,95 €; ISBN 978-3-531-18301-5
Seit nunmehr zehn Jahren ist die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz. Bis Ende 2014 soll der Großteil der ISAF-Kontingente abgezogen und der „bislang riskanteste, komplexeste und auch ‚teuerste‘ Einsatz der Bundeswehr“ (11) erfolgreich abgeschlossen sein. Die Autoren und Autorinnen dieses Bandes beschäftigen sich jedoch weniger mit der Frage, welche Strategien eingeschlagen werden müssen, um dieses Ziel zu verwirklichen. Sie untersuchen vielmehr, wie sich die Einstellungen, Motivationen und Selbstbeschreibungen von Soldaten und Soldatinnen durch den Afghanistaneinsatz verändert haben, wie sich das Verhältnis von Politik, Öffentlichkeit und Militär durch die Afghanistanerfahrung gewandelt hat und wie die Legitimität des Einsatzes begründet werden kann. Hinter dem blassen Titel des Bandes verbergen sich insofern durchaus politisch kontroverse Positionen. Volker Wieger legt beispielsweise nahe, dass es zum derzeitigen Vorgehen in Afghanistan keine tragfähige Alternative gebe. Aus Sicht des Generalinspekteurs der Bundeswehr korrigiert der „umfassende zivil-militärische Ansatz der ‚vernetzten Sicherheit‘“ die Fehler der Vergangenheit, weil „die Rolle von ISAF – Beschützer, nicht Besatzer“ (27) – für die afghanische Bevölkerung deutlicher erkennbar sei. Bezüglich der Friedenssicherung nach 2014 ist der Militärexperte verhalten optimistisch. Für ihn steht jedoch fest: „Wir dürfen Afghanistan nicht im Stich lassen, wie dies 1989 geschehen ist – mit den fatalen Folgen, mit denen wir bis heute kämpfen“ (33). Anja Seiffert arbeitet die Einstellungen und die Selbstwahrnehmungen der Soldaten und Soldatinnen im Afghanistaneinsatz heraus. Auf Grundlage von quantitativ empirischen Umfrageergebnissen konstatiert sie u. a., dass der mediale Fokus auf die „‚bad news‘“ (84) und die dadurch vermittelte öffentliche Perzeption des Afghanistaneinsatzes die Erfahrungswirklichkeit der Soldaten und Soldatinnen stark verzerrt widerspiegele. Damit kontrastieren mitunter die Befunde von Peter Zimmermann, Herbert Jacobs und Jens T. Kowalski. Die drei am Psychotraumazentrum der Bundeswehr beschäftigen Psychologen machen darauf aufmerksam, dass zunehmend Soldaten und Soldatinnen mit posttraumatischen Belastungsstörungen aus Afghanistan zurückkehren.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.21 | 4.41 | 2.68 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Anja Seiffert / Phil C. Langer / Carsten Pietsch (Hrsg.): Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34603-der-einsatz-der-bundeswehr-in-afghanistan_41574, veröffentlicht am 05.04.2012. Buch-Nr.: 41574 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken