Der Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft in der Europäischen Union
Rechtswiss. Diss. Hamburg; Begutachtung: D. König, T. Bruha. – Die Europäische Union hat ein Akzeptanzproblem, das nicht zuletzt durch das Brexit‑Votum der Briten deutlich geworden ist. Svenja Pitz schlägt in ihrer 2013 erarbeiteten Dissertation zum Entgegenwirken einer schon damals „zunehmende[n] Euroskepsis“ (13) mehr Bürgernähe durch mehr Partizipation der „‚Zivilgesellschaft‘“ (14) vor. Diese Forderung werde zwar regelmäßig als Allheilmittel für Probleme der EU vorgebracht, selten aber werde das Konzept Zivilgesellschaft klar umrissen. Hier will die Autorin mit ihrer Arbeit Abhilfe schaffen. Nach einer Begriffsbestimmung untersucht sie den historischen Zusammenhang von Zivilgesellschaft und EU sowie mögliche Zukunftsperspektiven. Geschichtlich reiche das vermeintliche Modewort weit zurück: „Zivilgesellschaft (koinonía politike)“ habe etwa Aristoteles als „Einheit, in der Regierenden und Regierte zusammen fallen“ (18), verstanden. Seien damals Frauen, Kinder und Sklaven vom Konzept ausgeschlossen gewesen, heute werde Zivilgesellschaft, negativ bestimmt, meist separiert vom Staat und „vom rein privaten Bereich abgegrenzt“ (33), also etwa von der Familie. Uneinheitlich werde dagegen das Verhältnis zur Wirtschaft beurteilt. Liberale Vertreter schlössen ökonomische Akteure „ausdrücklich in ihren Zivilgesellschaftsbegriff ein“ (32). Diskurstheoretiker trennten dagegen explizit die beiden Bereiche. Generell beurteilt Pitz die stärkere Einbindung zivilgesellschaftlicher Organisationen auf Unionsebene positiv. Die „Rückbindung“ (57) an den Bürger und der Wissenstransfer zwischen Politik und Praxis würden dadurch gestärkt. Dass aber etwa im europäischen Sozialdialog das Europäische Parlament weitestgehend außen vor geblieben und quasi durch „partizipative Demokratieelemente“ (119) ersetzt worden sei, sieht die Autorin kritisch. Die repräsentative Demokratie könne und solle nicht durch zivilgesellschaftliche Teilhabe ersetzt werden. Wenn aber das „Merkmal der Repräsentativität gewahrt“ (232) bleibe, könnte durch einen verstärkten Dialog mit der Zivilgesellschaft die demokratische Legitimation und die Identifikation der Bürger mit der EU verbessert werden, so das Resümee der Autorin.