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Stefan Kettenburg

Der deutsche Vereinigungsprozeß und die "innere Einheit"

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2004 (Studien zur Zeitgeschichte 40); X, 412 S.; 98,- €; ISBN 3-8300-1589-5
Politikwiss. Diss. Berlin; Gutachter: F. Vilmar, K. Schroeder, W. Väth. - Der Autor definiert die „innere Einheit" als einen sich noch weiter fortsetzenden Prozess, der durch „zwischenmenschliche Faktoren beeinflusst wird" (322). Diese Faktoren sieht Kettenburg an verschiedene Entwicklungen gebunden, die er informativ analysiert. Dazu gehören neben der geschichtlichen Entwicklung seit 1989/90 u. a. auch die Auswirkungen des Grundsatzes „Rückgabe vor Entschädigung", die Einkommensentwicklung, die Rentenüberleitung, die Arbeitslosigkeit, der Elitenaustausch und die PDS. Die Darstellung beruht auf empirischen Daten, sodass der Autor einige Gemeinplätze und Vorurteile zurechtrücken kann. So seien 75 Prozent der Alteigentümer, die Grundstücke und Häuser zurückfordern, ehemalige Ostdeutsche - es liege also ein Ost-Ost-Konflikt vor, meint der Autor. Ferner belegt er, dass - wenn überhaupt - die westdeutschen Rentner die Verlierer der Einheit sind. Die ostdeutschen Rentner dagegen stünden sich besser, als sie es in DDR jemals getan hätten. Die hohe Arbeitslosigkeit sei vor allem das Resultat der „weiterhin höheren Erwerbsneigung in den neuen Bundesländern" (193), schreibt Kettenburg - ohne das Problem der Arbeitssuchenden zu verkennen. Er würdigt außerdem die Rolle der PDS, die nicht nur in hoher Zahl politisches Personal stelle. Vor allem durch die „Binnenintegration" (284) der Unzufriedenen trage sie zur „inneren Einheit" bei. Kettenburg stellt eine ostdeutsche Sonderidentität fest, die „weder negativ noch ungewöhnlich" (318) zu sehen sei, sondern sich aus den Erfahrungen vor und nach 1989 ergebe. Diese Sonderidentität sei kein Argument gegen das Vorhandensein der „inneren Einheit", die auch nicht an Wirtschaftsstrukturen und Arbeitslosenquoten festzumachen sei. Im Mittelpunkt hätten vielmehr die vorhandenen Grundsatzentscheidungen der West- wie Ostdeutschen für Demokratie und Marktwirtschaft zu stehen. „Mehr Einheit braucht eine Demokratie nicht" (346).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.315 | 2.331 | 2.342 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Stefan Kettenburg: Der deutsche Vereinigungsprozeß und die "innere Einheit" Hamburg: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/22594-der-deutsche-vereinigungsprozess-und-die-innere-einheit_25778, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25778 Rezension drucken