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Gerd R. Ueberschär / Lev A. Bezymenskij (Hrsg.)

Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkriegsthese

Darmstadt: Primus Verlag 1998; X, 291 S.; geb., 49,80 DM; ISBN 3-89678-084-0
Hat die Sowjetunion 1941 einen Angriff auf Hitler-Deutschland geplant? Die nationalsozialistische Propaganda hat den Überfall auf die Sowjetunion durch diesen Hinweis zu rechtfertigen gesucht. Insofern wurde der Krieg nicht nur zu einem ideologischen Kampf um den Lebensraum im Osten, gegen den Bolschewismus, sondern auch zu einer militärischen Notwendigkeit, um das Überleben des Reiches zu sichern. Vor allem in nationalkonservativen Kreisen wurde und wird der Angriff auf die UdSSR mit einem Prävenire gerechtfertigt: Die sowjetischen Truppen hätten sich schon an der Grenze befunden und es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, wann Stalin das Deutsche Reich überfallen hätte. Im Zusammenhang mit der Debatte um die Rolle der Wehrmacht im Krieg gegen die Sowjetunion gewinnt die These des Präventivkrieges eine besondere Rolle: Wenn sie auch die Verbrechen der Wehrmacht nicht ausgleichen kann, so paßt sie in das Bild eines unvermeidlichen Krieges, dessen Greuel von deutscher Seite einen anderen, beinahe zweitrangigen Stellenwert zugewiesen bekommen. Die Autoren weisen überzeugend nach, wie wenig die Präventivkriegsthese mit der historischen Realität zu tun hat. Bei aller ideologischer Überzeugung scheint Stalin zu diesem Zeitpunkt nicht an einen militärischen Konflikt mit Hitler geglaubt zu haben, während Hitler zwangsläufig auf einen Krieg zusteuerte, durch eine militärische Führung unterstützt, die den Angriff schon sehr früh in ihr Kalkül aufnahm. Durch die Zwei-Länder-Perspektive wird der Unterschied zwischen den politischen und militärischen Vorbereitungen und Nicht-Vorbereitungen deutlich gemacht. Der große Dokumententeil bildet den argumentativen Schwerpunkt gegen die These des Präventivkrieges. Er bietet Einblick sowohl in die politischen als auch militärischen Vorbereitungen des Krieges. Inhalt: I. Die militärisch-politische Entwicklung aus deutscher Sicht: Gerd R. Ueberschär: Die Entwicklung der deutsch-sowjetischen Beziehungen von 1939 bis 1941 und Hitlers Entschluß zum Überfall auf die UdSSR (3-20); Gerd R. Ueberschär: Die militärische Planung für den Angriff auf die Sowjetunion (21-37); Wolfram Wette: Die NS-Propagandathese vom angeblichen Präventivkriegscharakter des Überfalls (38-47); Gerd R. Ueberschär: Hitlers Überfall auf die Sowjetunion 1941 und Stalins Absichten. Die Bewertung in der deutschen Geschichtsschreibung und die neuere "Präventivkriegsthese" (48-69); Wigbert Benz: Der 22. Juni 1941 und seine Vorgeschichte im Geschichtsunterricht der Bundesrepublik Deutschland (70-74). II. Die militär-politische Entwicklung aus sowjetischer Sicht: Michail I. Semirjaga: Die sowjetisch-deutschen Beziehungen 1939-1941 aus der Sicht Moskaus (77-89); Nikolaj M. Romanicev: Militärische Pläne eines Gegenschlags der UdSSR (90-102); Lev A. Bezymenskij: Der sowjetische Nachrichtendienst und der Kriegsbeginn von 1941 (103-115); Alexander I. Boroznjak: Ein russischer Historikerstreit? Zur sowjetischen und russischen Historiographie über den deutschen Angriff auf die Sowjetunion (116-128). III. Dokumente zu Hitlers und Stalins politischen Zielen: Lev A. Bezymenskij: Stalins Rede vom 5. Mai 1941 - neu dokumentiert (131-144); Bernd Bonwetsch: Stalins Äußerungen zur Politik gegenüber Deutschland 1939-1941 (145-154); Lev A. Bezymenskij: Ausgewählte sowjetische Dokumente (155-216); Gerd R. Ueberschär: Ausgewählte deutsche Dokumente (217-280).
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.312 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Gerd R. Ueberschär / Lev A. Bezymenskij (Hrsg.): Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Darmstadt: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/5568-der-deutsche-angriff-auf-die-sowjetunion-1941_7260, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7260 Rezension drucken