
Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich
Rechtswiss. Diss. Göttingen; Gutachter: W. Heun, C. Starck. – Die öffentlich breiter wahrgenommene Politisierung des Amtes durch seine Inhaber, aber auch die an sie herangetragenen kollektiven Sehnsüchte infolge der vermeintlichen Erschöpfung parlamentarischer Parteiendemokratie haben den machtlosen deutschen Bundespräsidenten jenseits von Spezialfragen wie Gnadenrecht und Parlamentsauflösung wieder zum allgemeinen Gegenstand wissenschaftlichen Interesses gemacht. Mehlhorns Vergleich ist schon deshalb lohnenswert, weil sich beide Ämter infolge der politischen Praxis in Österreich ähneln und beiden Konzeptionen ursprünglich die des Weimarer Reichspräsidenten als Vorlage diente – dies aber „unter gerade gegenläufigen Vorzeichen“ (29). Und so wird die neuerlich aufbrechende deutsche Diskussion um eine Direktwahl jetzt auch durch das österreichische Vorbild beflügelt. Mehlhorn gibt nach einer Einführung in die Funktionen des Staatsoberhaupts in parlamentarischen Regierungssystemen – unter Berücksichtung einschlägiger politikwissenschaftlicher Literatur – in zwei Hauptteilen ausführliche Darstellungen des deutschen und des österreichischen Bundespräsidenten, die so umfangreich sind, dass sie jeweils eigenständig hätten publiziert werden können. Das ist angesichts fehlender aktueller Monografien und weit verstreuter Aufsatzliteratur hilfreich und die Teile lassen sich daher auch jenseits des Vergleichs separat als Kompendium gut nutzen. In seinem abschließenden Vergleich kommt er u. a. zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Volkswahl Österreich nicht als Vorbild dienen könne, weil sich hier die Direktwahl ja „gerade wegen seiner weitgehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzausstattung“ (510) ergebe, auch wenn sich diese durch präsidialen „‚Rollenverzicht’“ (509) praktisch dem parlamentarischen System angenähert habe. Im Gegenteil, das 1929 in einer besonderen Krisensituation geschaffene „semipräsidentielle Regierungssystem Österreichs birgt eine hohe Blockadegefahr“ (511) durch das zumindest verfassungsrechtlich jederzeit mögliche Wiederaufleben präsidialer Kompetenzen und sei daher heute eher anachronistisch. So empfiehlt Mehldorn umgekehrt eine Verfassungsreform für Österreich mit konsequenter Parlamentarisierung nach bundesdeutschem Vorbild.