Skip to main content
Alexander Blankenagel (Hrsg.)

Den Verfassungsstaat nachdenken. Eine Geburtstagsgabe

Berlin: Duncker & Humblot 2014 (Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte 79); 241 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-428-14323-8
Hinter dem etwas sperrigen Titel verbirgt sich eine Festschrift, die anlässlich des 80. Geburtstages des Bayreuther Staatswissenschaftlers Peter Häberle erschienen ist. Er ist einer breiteren Öffentlichkeit nicht nur durch seine stark sozialwissenschaftlichen Positionierungen, sondern auch durch die Betreuung der Dissertation von Karl‑Theodor zu Guttenberg bekannt geworden. Das gemeinsame Anliegen der Beitragsautoren ist es, aus verschiedenen Perspektiven über den Verfassungsstaat nachzudenken, sodass in der Gesamtschau eine Topografie gegenwärtiger verfassungsstaatlicher Befindlichkeit entsteht. Herausstechend, weil inhaltlich eher außergewöhnlich oder von besonderer gegenwartsdiagnostischer Relevanz, sind die Beiträge von Jörg Luther und Ingolf Pernice. In Pernices Beitrag geht es um die Frage, wie den aus den „neuen Möglichkeiten grenzenloser Kommunikation [resultierenden...] Herausforderungen und Bedrohungen für Staat und Gesellschaft“ (172) zu begegnen sei. Die „Internetgesellschaft“ (173) bedürfe einer rechtlichen Ordnung schon allein deswegen, weil sie nicht als Parallelwelt neben der realen bestehe, sondern aufs Engste mit dieser verflochten sei. Neben dem Schutz der Menschen‑ und Grundrechte sei eine Demokratisierung ebenso erforderlich wie die Herstellung von Infrastrukturverantwortung und Cybersicherheit. Nicht zuletzt der Fall Snowden habe dabei deutlich gemacht, dass „internet‑governance“ (208) auf das sich durch das Internet verändernde Verhältnis von Staat und Bürgern reagieren müsse. Einem gänzlich anderen Thema – der Rolle des Lachens im Kontext verfassungsstaatlicher Reflexionen – widmet sich Jörg Luther. Er entwirft das Bild des homo ridens, der jenseits des weitaus bekannteren homo politicus und noch mehr jenseits des homo oeconomicus sowohl Integrität als auch Wandel und Erneuerung politischer Systeme im Rahmen einer „Lachkultur“ ermöglichen kann: „Das freie Lachen, auch über sich selbst, macht nicht nur stark für die Demokratie, sondern fördert letztlich auch moralische Tugenden wie Integrität, demokratische Authentizität oder republikanische Lernbereitschaft und nicht zuletzt einen Sinn für Moderation und Menschlichkeit im Umgang mit anderen.“ (97) Unweigerlich drängt sich – mit Blick auf das akademische Umfeld des Jubilars – die Frage auf, ob zu Guttenberg diesen Satz wohl eines Tages lesen wird.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 1.3 | 2.21 | 2.32 | 4.1 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Alexander Blankenagel (Hrsg.): Den Verfassungsstaat nachdenken. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37476-den-verfassungsstaat-nachdenken_45994, veröffentlicht am 28.08.2014. Buch-Nr.: 45994 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken