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Patrick Bernhard / Holger Nehring (Hrsg.)

Den Kalten Krieg denken. Beiträge zur sozialen Ideengeschichte

Essen: Klartext 2014 (Frieden und Krieg 19); 359 S.; brosch., 26,- €; ISBN 978-3-8375-0739-3
„Der Atombomben‑Diskurs der fünfziger und sechziger Jahre produziert Formeln einer negativen Theologie der Vernichtung: Die Bombe ist das ‚Nichts‘, das ‚Ende‘, die ‚totale Vernichtung‘ – das Undenkbare, das gleichwohl gedacht, das Bildlose, das gleichwohl bebildert werden muss. Dabei fungiert die atomare Apokalypse als der Prüfstein für die Möglichkeit oder Unmöglichkeit menschlicher Zukunft.“ (47) So beschreibt Eva Horn das Wissen um die Zukunft mit der Bombe in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Spannungsfeld zwischen Science Fiction und realer Bedrohung entstanden Begriffe wie „Technikfolgenabschätzung“, die alle Gesellschaftsbereiche prägten. Die Artikel des Sammelbands über die „Wissensgeschichte des Kalten Kriegs“ (9) beruhen auf vier Grundannahmen: der Kalte Krieg wird als realer Teil der westlichen Gewaltgeschichte der Moderne begriffen; die Bewältigung all seiner Auswirkungen gilt als immer noch nicht abgeschlossen; Gesellschaft und Kultur wurden weit über die Bereiche von Politik und Wirtschaft hinaus von dem „simulierten Krieg“ bestimmt; als eine der zentralsten Ressourcen und gleichzeitig Konfliktpunkte sehen die Autor_innen das Wissen und die Wissenschaft an. Deren Bedeutung hebt Anne Rohstock in ihrem Beitrag hervor. Sie analysiert das (US‑amerikanische und westdeutsche) Klassenzimmer als „nicht bloß metaphorische[n] Raum der Zukunft […], an dem der Kalte Krieg durch programmierte Rationalisierung ungeschehen gemacht werden sollte“ (258). Die Anpassung und Verwissenschaftlichung der Lehrpläne nahm bisweilen bizarre Züge an, wie sich etwa in den Forderungen von Wissenschaftlern zeigt, Pädagogen durch ideologisch immune Lernmaschinen zu ersetzen. Vor diesem Hintergrund beurteilt Rohstock die Bildungsreformen als „rüstungsstrategisches Element des Kalten Kriegs“ (281). Geblieben ist davon eine wesentliche Ausrichtung des Schulunterrichts auf Wissenschaftserziehung. Mit Altlasten ganz anderer Art setzt sich Florian Sprenger in seinem Artikel über den Atommüll auseinander. Dabei geht es ihm nicht um die technische Umsetzbarkeit bei der Endlagerung, sondern um deren unvorstellbare Dauer, über die eine eindeutige Kommunikation in die Zukunft gesichert werden muss. Eindringlich verknüpft er dabei technische und philosophische Fragen. Viele der Beiträge des Bandes gehen zurück auf die Jahrestagung des Arbeitskreises Historische Friedensforschung im November 2010 in London.
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Rubrizierung: 4.1 | 4.41 | 2.64 | 2.5 | 4.22 | 4.21 | 2.313 | 2.324 | 4.3 | 2.61 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Patrick Bernhard / Holger Nehring (Hrsg.): Den Kalten Krieg denken. Essen: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37071-den-kalten-krieg-denken_43002, veröffentlicht am 15.05.2014. Buch-Nr.: 43002 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken