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Lena Clausen

Demokratien und Krieg – Die Rollen der skandinavischen Staaten im Irak-Krieg 2003

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2013 (Studien zur Konflikt- und Friedensforschung 12); 256 S.; 85,80 €; ISBN 978-3-8300-7097-9
Diss. Berlin. – Demokratien führen keine Kriege gegeneinander – sehr wohl aber gegen Nichtdemokratien. Trotz dieser „Gesetzmäßigkeit“ zeigen sich Unregelmäßigkeiten im Konflikthandeln von Demokratien: zwischen ihnen (einige neigen nie, andere häufig zum Krieg) sowie bei derselben Demokratie über den Zeitverlauf. Beides lässt sich am Beispiel des Irak‑Kriegs 2003 illustrieren: Dänemark, Schweden und Norwegen zeigten unterschiedliches Konfliktverhalten trotz ähnlicher Voraussetzungen. Lena Clausen nähert sich dem „empirischen Rätsel der doppelten Varianz“ (17) in einer eng theoriegeleiteten Studie. Sie stellt die gesellschaftliche Rollentheorie ins Zentrum und untersucht, wie sich diese „für die Erfassung der Varianzen im demokratischen Konflikthandeln fruchtbar machen lässt“ (18). Einem konstruktivistischen Verständnis folgend betrachtet sie die Rollen(‑konflikte) in Aushandlungsprozessen, die im Wesentlichen über Sprache stattfinden – und ergo über diese analysierbar werden. Mit einer qualitativen, interpretativen Inhaltsanalyse untersucht die Autorin Äußerungen der Regierungen sowie die öffentliche Meinung in Zeitungsartikeln und ‑kommentaren. Zuvor wurden anhand historischer Vorstudien auf der Basis von Sekundärliteratur die bisherige Rollenperformanz bzw. deren Wandelbarkeit erfasst. Dargestellt wird so etwa Schwedens Neutralitätspolitik: ihre Anfänge im 19. Jahrhundert, ihre Ausweitung nach dem Zweiten Weltkrieg hin zum schwedischen Internationalismus, der das Land ohne Blockzugehörigkeit zur moralischen Instanz und – zumindest potenziellen – Vermittler werden ließ, sowie ihre Umdeutung nach Ende des Kalten Krieges als „Neuausrichtung, um die eigene Handlungsfähigkeit zu erhöhen“ (87). Wenig überraschend stellt Clausen fest, dass diese „historische Dimension der Rollenentstehung und ‑entwicklung“ vor dem Irak‑Krieg „für die Verhandlung von Rollenelementen und die Rollenperformanz von Bedeutung“ (109) war, etwa durch historische Analogien und Rückgriffe auf die schwedische „Friedenstradition“. Ihr Vergleich der drei skandinavischen Demokratien führt sie letztlich aber zu der diskussionswürdigen Schlussfolgerung, dass „erhebliche Zweifel an der identitären Relevanz des Regimetyps Demokratie für das Konflikthandeln von Staaten“ (220) gerechtfertigt seien. Sie rät gar davon ab, den Regimetyp als zentralen Faktor zu sehen, wodurch auch die anfangs erwähnten Varianzen nicht länger „rätselhaft“ (221) erscheinen würden.
Frank Kaltofen (FK)
Politikwissenschaftler, Promotionsstudent, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 4.22 | 2.61 | 4.41 | 2.21 | 2.24 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Lena Clausen: Demokratien und Krieg – Die Rollen der skandinavischen Staaten im Irak-Krieg 2003 Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37391-demokratien-und-krieg--die-rollen-der-skandinavischen-staaten-im-irak-krieg-2003_45880, veröffentlicht am 07.08.2014. Buch-Nr.: 45880 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken