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Holger Rockmann

Demografischer Wandel in Japan und Deutschland. Bevölkerungspolitischer Paradigmenwechsel in der Familienpolitik

München: iudicium 2011 (Monographien aus dem Deutschen Institut für Japanstudien 49); 346 S.; geb., 41,- €; ISBN 978-3-86205-037-6
Diss. Jena; Begutachtung: H. Best, S. Lessenich, M. Koch. – Die Bevölkerungspolitik war lange Zeit aufgrund ihres Missbrauches vor und während des Zweiten Weltkrieges in Japan und Deutschland ein Tabuthema. Diesem ist in beiden Ländern jedoch im vergangenen Jahrzehnt nun doch eine erhöhte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zugekommen, die auf den demografischen Wandel durch den Geburtenrückgang und damit die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen ist. Ob und wie die politischen Akteure auf diese Debatten reagieren, arbeitet der Autor heraus. Der Schwerpunkt liegt dabei einerseits auf der Familienpolitik, der im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung eine zentrale Bedeutung zukommt, und andererseits auf Japan, dessen Bevölkerungspolitik weniger erforscht ist als die Deutschlands. Das zentrale Ergebnis der Untersuchung besteht darin, dass der Autor einen grundlegenden Paradigmenwechsel seit spätestens Mitte 2000 erkennt. In beiden Ländern dominiere mittlerweile offen das Ziel einer „nachhaltige[n] Familienpolitik“ (304), mit der pronatalistisch auf die Krisenphänomene reagiert werde. Beispielhaft kann für Deutschland auf das Kinderförderungsgesetz oder das Bundeselterngeld‑ und Elternzeitgesetz und für Japan auf die Ausweitung von Transferleistungen für Familien mit Kindern wie etwa die Anhebung des Kinder‑ und Erziehungsgeldes oder eine Reduktion der Einkommenssteuer verwiesen werden. Parallelen bestehen zwischen den Staaten auch in den Voraussetzungen für die Veränderungen, denn diese erfolgten in Phasen, in denen neue Machtkonstellationen entstanden. In Japan betraf dies die Regierungspartei LDP, die sich in einer Krise befand und auf den drohenden Machtverlust mit einer Schärfung ihres familienpolitischen Profils reagierte. In Deutschland war die Bildung der Großen Koalition 2005 die Voraussetzung für die pronatalistische Familienpolitik. Verschieden ist dagegen die Form der Umsetzung der Politik, die in Deutschland erst nach langen Diskussionen über grundlegende Prinzipien, in Japan dagegen eher pragmatisch und situationsbedingt erfolgte. Deutschland hat zudem vermehrt auf Einwanderung als Instrument der Bevölkerungspolitik gesetzt, während Japan sich hier bis heute sehr zurückhaltend zeigt. Dem Autor kann zugestimmt werden, dass es sich bei dem Thema um ein Politikfeld handelt, dessen Bedeutung in Zukunft noch zunimmt. Interessant wird dabei vor allem sein, inwiefern all die politischen Aktivitäten die gewünschte Wirkung entfalten.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.263 | 2.68 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Holger Rockmann: Demografischer Wandel in Japan und Deutschland. München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35813-demografischer-wandel-in-japan-und-deutschland_43479, veröffentlicht am 18.04.2013. Buch-Nr.: 43479 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken