Die Frage nach der Existenz und Notwendigkeit einer europäischen Öffentlichkeit hat in den vergangenen Jahren verstärkt die Aufmerksamkeit von Politik und Sozialwissenschaften auf sich gezogen. Dabei hat, unbemerkt von vielen, ein definitorischer Wandel stattgefunden: Stand der Begriff der Öffentlichkeit lange für eine gesellschaftliche Sphäre, die Raum für Widerstand, Protest und Auseinandersetzung um die Frage des Allgemeinwohls bot, so wird die Frage der Öffentlichkeit mit Blick auf den europäischen Integrationsprozess oftmals weitgehend auf eine legitimatorische Funktion begrenzt. Die gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden wurden in diesem Sinne eher als ein Betriebsunfall für die europäische Politik denn als konstruktiver Teil der Politik selbst verstanden. Diesem Verständnis von Öffentlichkeit stellen sich die Autorinnen und Autoren entgegen und bedienen sich stattdessen einer von Laclau und Mouffe geprägten radikalen Demokratie- und Diskurstheorie. Vor diesem Hintergrund wird in detaillierten Beiträgen die Entwicklung der Medienberichterstattung über europäische Themen und deren Auswirkung auf eine informierte und engagierte europäische Öffentlichkeit analysiert. Somit leisten die Autoren einen doppelten Beitrag zur Debatte über den europäischen Integrationsprozess: neben einer theoretischen Reflexion über Inhalt und Funktion einer europäischen Öffentlichkeit wird diese ihrem abstrakten und normativen Gerüst enthoben, operationalisiert und empirisch am Beispiel der Medienberichterstattung untersucht – einem Feld, welchem bislang mit Blick auf die Forschungsfrage nur geringe Aufmerksamkeit zukam.