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Adis Merdzanovic

Democracy by Decree. Prospects and Limits of Imposed Consociational Democracy in Bosnia and Herzegovina

Stuttgart: ibidem-Verlag 2015; XIV, 421 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-8382-0772-8
Diss. Zürich; Begutachtung: J. Baer Hill, F. Cheneval. – Adis Merdzanovic fragt, welchen Beitrag von der internationalen Staatengemeinschaft auferlegte konkordanzdemokratische Institutionengefüge zur nachhaltigen Befriedung einer heterogenen, um nicht zu sagen zersplitterten Nachkriegsgesellschaft leisten können. In einer langfristigen Systemanalyse, die den Zeitraum von 1996 bis 2012/3 abdeckt und die Regierungsverlautbarungen und ‑dokumente ebenso einbezieht wie Presseberichterstattung und Experteninterviews, wird deutlich, dass aus dem untersuchten Fall Bosnien und Herzegowina sowohl institutionelle als auch grundsätzliche Lehren zu ziehen sind. Merdzanovic, dem die Zusammenschau von theoretischen und empirischen Perspektiven ein besonderes Anliegen ist, vermag in institutioneller Hinsicht zu zeigen, dass gerade das infolge des Friedensabkommens von Dayton eingerichtete Hochkommissariat mit seinen prärogativen Interventionsrechten zu einer nachhaltigen Verzerrung der eigentlichen Vorteile eines konkordanzdemokratischen Systems beigetragen hat. Indem das Hochkommissariat immer wieder in politische Prozesse eingegriffen habe, hätten die etablierten Institutionen nie in dem Maße eine gefestigte Eigenständigkeit etablieren können, wie es für den Umgang mit der spannungsreichen Nachkriegskonstellation erforderlich gewesen wäre. Und auch die grundsätzliche Bewertung der Eignung konkordanzdemokratischer Verfahren fällt – gelinde gesagt – verhalten aus. Durch die fortlaufende Betonung der politischen Eigenständigkeit der bestehenden nationalen Gruppen – Bosnier, Serben und Kroaten – sei es nie gelungen, eine gemeinsame politische Kultur zu etablieren, die ihrerseits die neu geschaffene Demokratie tragen könnte. Mit anderen Worten: Die Konkordanzdemokratie schreibe durch ihre Betonung von Gruppendifferenzen den eigentlichen Konfliktgrund fort. In der Summe gelangt Merdzanovic schließlich zu der Einschätzung, dass eine von außen auferlegte Konkordanzdemokratie zur Befriedung heterogener Nachkriegsgesellschaften, wenn überhaupt, dann nur sehr bedingt geeignet ist. Zu diesem Befund werden sich die Befürworter dieses Modells verhalten müssen, denn mit Mazedonien oder dem Kosovo liegen ähnlich gelagerte Fälle vor der sprichwörtlichen Haustür.
{LEM}
Rubrizierung: 2.622.212.234.41 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Adis Merdzanovic: Democracy by Decree. Stuttgart: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40093-democracy-by-decree_47836, veröffentlicht am 29.09.2016. Buch-Nr.: 47836 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken