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Giulietto Chiesa

Das Zeitalter des Imperiums. Europas Rolle im Kampf um die Weltherrschaft. Aus dem Italienischen übersetzt von Bettina Müller-Renzoni

Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 2003; 230 S.; brosch., 15,90 €; ISBN 3-434-50550-4
Der Band, seinem Untertitel und Klappentext zufolge mit der künftigen Rolle Europas (gemeint ist die Europäische Union) in der zurzeit sich herausbildenden neuen Weltordnung befasst, geht von einem politisch-militärisch-ökonomischen Machtgebilde aus, das der Autor von der ersten Seite an durchweg als (das) „Imperium" bezeichnet. Dieses Gebilde sei, so betont er immer wieder, keineswegs identisch mit einem bestimmten Staat - also auch nicht mit der Weltmacht Vereinigte Staaten - und geografisch überhaupt nicht definiert. Gesteuert und in seinen Interessen bestimmt werde es vielmehr von den Spitzen der gesellschaftlichen Eliten in den Bereichen Warenproduktion, Finanzkapital, Medien, Militär und technologischer Forschung weltweit, mithin einer nach wenigen Zehntausend zählenden, durch enge Beziehungen miteinander verbundenen Gruppe, die der Autor als „Kommandobrücke" bezeichnet (so der Titel des 1. Kapitels). Wer an dieser Stelle eine eingehende Analyse oder Auswertung von Belegen erwartet, um eine derart weitreichende Theorie zu untermauern, wird enttäuscht. Das vom Autor in rund 100 Anmerkungen angeführte Material besteht durchweg aus Artikeln der westlichen Tagespresse, die der Autor im Übrigen zu einem „Weltmediensystem" (7) vernetzt sieht. Fragen nach den Interessen und Absichten, der Strategie und den Machtinstrumenten des „Imperiums" bestimmen den Band - „nicht um eine Neugier zu befriedigen, sondern aus Gründen des Überlebens. Der gegenwärtige und völlig neuartige Krieg ist nämlich keineswegs virtuell, sondern sehr real und sehr grausam. Und wenngleich er sich im Moment weit weg abzuspielen scheint, wird er uns sehr nahe kommen." (7) In dieses Konzept einer globalen Verschwörung einer einflussreichen Clique, deren Mitglieder aber namenlos bleiben, wird nahezu jede politische Entwicklung von internationaler Bedeutung eingeordnet, deren Interpretation in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten kontrovers gewesen ist. So beschließt der Autor seine „Analyse" mit den Worten: „Wir wissen, daß gewaltige Mächte Interesse daran haben, daß die Situation sich zuspitzt." (222) Woher er das weiß, und wer diese Mächte sind, bleibt im Dunkeln.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 4.1 | 4.22 | 3.6 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Giulietto Chiesa: Das Zeitalter des Imperiums. Hamburg: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/18911-das-zeitalter-des-imperiums_21939, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 21939 Rezension drucken