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Anne Debus

Das Verfassungsprinzip der Toleranz unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 1999 (Europäische Hochschulschriften: Reihe II, Rechtswissenschaft 2607); 268 S.; brosch., 84,- DM; ISBN 3-631-34456-2
Rechtswiss. Diss. Marburg. - Kaum einer, der nicht für Toleranz wäre. Eine intolerante Gesellschaft ist sicherlich keine gute Gemeinschaft. Toleranz ist daher ein hohes Gut - ist es deswegen auch ein Verfassungsprinzip? Für die Autorin besteht kein Zweifel, daß es so sein sollte. Daher steht am Ende ihres Plädoyers für Toleranz konsequenterweise die Forderung, "mit dem folgenden Wortlaut als Art. 1 Abs. 2, Satz 2 und 3 in das Grundgesetz aufzunehmen: Toleranz ist eine Staatsbürgertugend. Die Bürger sind und bleiben zu ihrer Verwirklichung aufgefordert." Zwar sieht Debus, daß weder Gesetzgeber noch Verfassunggeber sonderlich Verwendung für diesen Begriff haben, aber das gibt ihr nicht zu denken - sollte es aber: Toleranz ist eine Tugend und zeichnet als solche eine spezifische sittliche Beschaffenheit des menschlichen Wollens und Handelns aus. Als eine innere Qualität ist sie damit gerade nicht Gegenstand des Regelungsbereichs des Rechts in einem demokratischen Verfassungsstaat. Dieser nimmt hinsichtlich der sittlichen Qualität seines Handelns und seiner Ziele nur sich selbst in die Pflicht, nicht aber seine Bürger. Gerade darauf gründet wesentlich sein eigener Anspruch, ein sittlicher Staat zu sein. Daher ist der Gedanke, die Toleranz als "Bürgerzielbestimmung" (so bereits im Vorwort) in die Verfassung aufzunehmen, ein verfassungsrechtlicher Sündenfall. Im übrigen wäre zu fragen, warum es dann nur bei der Toleranz bleiben sollte. Wäre Gerechtigkeit (wohlgemerkt als Bürgerzielbestimmung) nicht noch ein höheres Gut? Wie steht es mit Zivilcourage? Debus hat schon recht, wenn Sie in der Toleranz eine wichtige Voraussetzung für das Zusammenleben der Menschen in einem Staat erblickt. Aber sie ist eben eine Voraussetzung und kein Verfassungsprinzip. Inhaltsübersicht: 1. Von der Toleranz zur Religionsfreiheit - Eine historische Genese; 2. Toleranz - Eine grundsätzliche Standortbestimmung; 3. Das Toleranzprinzip im juristischen Schrifttum; 4. Toleranzgrenzen - Das Problem ihrer Existenz, ihre Begründung und ihre Inhalte; 5. Das Toleranzprinzip und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes; 6. Der Inhalt des Toleranzprinzips in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes; 7. Toleranz heute - Auf beiden Seiten des Staates; 8. Toleranz heute - Auf seiten der Staatsbürger.
Oliver Lembcke (OL)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.32 | 2.323 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Oliver Lembcke, Rezension zu: Anne Debus: Das Verfassungsprinzip der Toleranz unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes Frankfurt a. M. u. a.: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/10368-das-verfassungsprinzip-der-toleranz-unter-besonderer-beruecksichtigung-der-rechtsprechung-des-bundesverfassungsgerichtes_12261, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 12261 Rezension drucken