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Margareta Mommsen / Angelika Nußberger

Das System Putin. Gelenkte Demokratie und politische Justiz in Russland

München: C. H. Beck 2007 (Beck'sche Reihe 1763); 216 S.; 12,95 €; ISBN 978-3-406-54790-4
In den neunziger Jahren sei ein zweites neues Russland entstanden, schreiben die Politikwissenschaftlerin Mommsen und die Direktorin des Instituts für Ostrecht an der Universität Köln Nußberger. Es zeichne sich aus durch eine „Rezentralisierung der Macht und Verstaatlichung der Zivilgesellschaft“ (9). Damit gehe „eine ideelle Abschottung“ (10) einher, bei der den europäischen Vorstellungen von Menschenrechten, Demokratie und unabhängiger Justiz die „russischen Werte“ (10) gegenübergestellt würden. Als höchstes Gut werde der Patriotismus gesehen, eingefordert als kritiklose Liebe zum Vaterland. Die Autorinnen charakterisieren die Funktionsweisen des unter Präsident Putin etablierten zweiten Russlands als Fortsetzung zaristischer und/oder sowjetischer Traditionen – ohne deren Berücksichtigung wäre die gegenwärtige obrigkeitsgläubige politische Kultur und die von den politischen Machthabern abhängige Justiz nicht zu verstehen. Erläutert werden die neue Machtvertikale und die mit ihr verbundene Schaffung von Institutionen, die ein der – eigentlich sehr modernen – Verfassung fremdes Herrschaftssystem erzeugt haben und wieder an sowjetische Formen der Machtausübung erinnern. Thematisiert werden ferner die zu dem gegenwärtigen System unter Putin gehörenden Manipulationen der öffentlichen Meinung über die wieder unfreien Medien sowie die Gründung von regierungsfreundlichen Retorten-Parteien. Ein umfangreicher Teil des Buches ist der gelenkten Justiz und einigen aufsehenerregenden Prozessen gewidmet. In dieser kenntnisreichen Rekapitulation der Ereignisse wird die Willkür deutlich, die im „System Putin“ herrscht. Die Autorinnen lassen diese Kritik aber nicht als letztes Wort stehen, da die gegenwärtige Situation mit der Person des Präsidenten verbunden sei. Mögliche Auswege aus der gelenkten Demokratie könnten sich aus der Zivilgesellschaft ergeben, die sich zu entwickeln beginne. Auch die Zusammenarbeit mit Europa biete Russland eine Perspektive, vor allem über die maßstabsetzenden Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.62 | 2.2 | 2.21 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Margareta Mommsen / Angelika Nußberger: Das System Putin. München: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28212-das-system-putin_33185, veröffentlicht am 27.03.2008. Buch-Nr.: 33185 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken