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Richard Münch

Das Regime des Freihandels. Entwicklung und Ungleichheit in der Weltgesellschaft

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2011; 330 S.; kart., 24,90 €; ISBN 978-3-593-39521-0
Wissenschaftliche wie politische Bewertungen der Folgen von Globalisierung sind höchst kontrovers. Die zunehmende ökonomische Integration im Welthandel hat auf der einen Seite die globale Ungleichheit zwischen armen und reichen Nationen nicht wesentlich verringert, auf der anderen Seite aber ist in den etablierten Wohlfahrtsstaaten das Niveau sozialstaatlicher Leistungen zunehmend unter Druck geraten. Im Kern beruht der Streit auf unterschiedlichen Sichtweisen des Zusammenhangs von Welthandel und Weltgesellschaft. Neoliberalismus und ökonomische Freihandelslehre stufen ihn affirmativ als Wohlfahrtsmotor ein, während Globalisierungskritiker von einem modernisierten Kapitalismus ausgehen, der strukturell auf Ausbeutung zielt. Münch möchte mit seiner Studie – quer zu dieser „ideologisch geprägten Debatte“ (16) – ein explizit soziologisches Erklärungsmodell entwerfen, das die „Herausbildung der Welthandelsordnung [...] als eine neue Entwicklungsstufe der Arbeitsteilung jenseits des Systems der Nationalstaaten“ (16) versteht. Seine Deutung ist die „Konstruktion einer Theorie auf Basis eines Klassikers“ (276): als Inspiration dient ihm wesentlich Durkheims Interpretation des Verhältnisses von funktionaler Differenzierung und Moralordnung. Was Durkheim am Übergang vom 19. auf das 20. Jahrhundert analysierte – zunehmende ökonomische Verflechtungen steigern Abhängigkeiten zwischen Nationen und schaffen die Basis für neue Solidaritätsformen – lasse sich als Dynamik identifizieren, die auch auf die Herausbildung der modernen Weltgesellschaft zutrifft. Münch entwickelt ein Bild globaler Vergesellschaftung, das institutionell und diskursiv wesentlich von internationalen Organisationen (GATT, WTO) und Nichtregierungsorganisationen geprägt ist. In der Tendenz wird dabei die mechanische Solidarität der Nationalstaaten von einer neuen transnationalen Netzwerksolidarität überlagert, in deren Zentrum Individuen jenseits nationaler Zugehörigkeiten stehen. Der Band wird abgeschlossen durch eine von Christian Dressel durchgeführte empirische Überprüfung zentraler Hypothesen über die internationale Arbeitsteilung auf Basis von Makrodaten.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.43 | 4.3 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Richard Münch: Das Regime des Freihandels. Frankfurt a. M./New York: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34474-das-regime-des-freihandels_41406, veröffentlicht am 12.07.2012. Buch-Nr.: 41406 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken