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Joe Klein

Das Naturtalent. Die verkannte Präsidentschaft Bill Clintons. Aus dem Amerikanischen von Hainer Kober

Berlin: Siedler Verlag 2003; 223 S.; Ln., 19,90 €; ISBN 3-88680-786-X
Der Wahlkampf des späteren US-Präsidenten Clinton sei "eine Mischung aus Katastrophenfilm und Countrymusic" (46) gewesen und seine Verwandlung vom Kandidaten zum Präsidenten wohl "die schwierigste Übergangszeit in der neueren Geschichte" (49). Dennoch zieht der US-amerikanische Journalist Klein, der in seinem Bestseller-Roman "Primary Colors" bereits sehr überspitzt Clintons politischen Werdegang beschrieben hat, ein insgesamt positives Resümee dieser Präsidentschaft. Clinton sei trotz seines krassen persönlichen Fehlverhaltens ein seriöser, disziplinierter und verantwortungsbewusster Präsident gewesen. Er habe es als seine Aufgabe angesehen, für den Übergang seines Landes aus dem Industriezeitalter in das Informationszeitalter zu sorgen. Seine Grundsätze seien Chancengleichheit, Verantwortung und Gemeinschaft gewesen. Klein ist davon überzeugt, dass dies für Clinton keine politischen Worthülsen gewesen sind. Allerdings habe Clinton nie die richtigen Worte gefunden, um der US-amerikanischen Öffentlichkeit seine Pläne zu erklären. Seine Siege habe er in kleinen Schritten errungen, "während seine Niederlagen weit einprägsamer waren" (21). Klein erklärt dies mit der zutiefst feindseligen Atmosphäre, die den Clintons in Washington entgegengeschlagen sei und mit der "irrationalen Hetzkampagne" (91), die neben Clinton noch andere Politiker getroffen habe. In diesem "Ethik-Krieg" (97) seien wegen persönlichen (Fehl-)Verhaltens, das strafrechtlich überhaupt nicht relevant gewesen sei, Karrieren von Politikern zu Fall gebracht worden. Der Schwerpunkt Kleins bei der Beschreibung der Clinton-Jahre liegt insgesamt denn auch weniger auf einer Beschreibung von dessen konkreter Politik, sondern auf der politischen Kultur in Washington. Ein besonderes Gewicht kommt dabei dem Republikaner Newt Gingrich zu, "der versuchte, die Demokratie in einen Krieg zu verwandeln" (209) - neben ihm erscheint Clinton geradezu als Lichtgestalt. Klein verweist ausdrücklich auf die US-amerikanische Öffentlichkeit, die es verstanden habe, den Lewinsky-Skandal von der Politik des Präsidenten zu trennen. Als Beleg führt Klein die hohen Umfragewerte Clintons in dieser Zeit an. Bei aller offensichtlicher Sympathie für Clinton kritisiert Klein aber auch die Versäumnisse und verpassten Gelegenheiten dieser Präsidentschaft. Das zu schwache Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus ist dabei sicher das wichtigste Thema. Aber diese Einschätzung ist durch den 11. September geprägt, an dem Clinton nicht mehr Präsident war. "Vieles spricht dafür, dass er in der Erinnerung als der Präsident fortleben wird, der im Amt war, bevor die Geschichte wieder in stürmischeres Fahrwasser geriet, bevor das Leben wieder ernst und gefährlich wurde." (216)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.1 | 2.64 | 2.22 | 2.23 | 2.24 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Joe Klein: Das Naturtalent. Berlin: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/18797-das-naturtalent_21809, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 21809 Rezension drucken