Das moderne Indien 1498 bis 2004
Den Beginn des modernen Indiens datiert der Historiker Lütt auf die Landung Vasco da Gamas 1498 in Calicut – „in ganz Europa sofort als welthistorisches Ereignis ersten Ranges erkannt“, blieb es in Indien selbst „eine Episode am Rande“ (3). Für den Herrscher des kleinen Küstenstaates, zu dem Calicut gehörte, seien die Portugiesen zusätzliche und damit willkommene Händler gewesen, schreibt Lütt, von den muslimischen Händlern dagegen seien sie sofort als gefährliche Konkurrenten erkannt worden. Bereits 1502 kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die Portugiesen sicherten sich strategische Stützpunkte. Vor dem Hintergrund der Feststellung, dass Indien exemplarisch für die „riesige Diskrepanz in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zwischen der sog. Ersten und der sog. Dritten Welt und deren Folgen“ (1) steht, entwickelt Lütt seine chronologische Darstellung. Ein wichtiger Teil ist dabei die 200 Jahre währende britische Kolonialherrschaft, die „Umwälzungen auf allen Gebieten“ (2) mit sich brachte. Den vorläufigen Schlusspunkt der Darstellung bildet das Ende der ersten Regierung der Hindu-Nationalisten im Jahre 2004. Gemäß der Konzeption der Reihe wird nicht nur das historische Geschehen gut lesbar dargestellt. Die Hälfte des Bandes wird von einer Erörterung der Grundprobleme und Tendenzen der Forschung eingenommen. Lütt erläutert u. a. die Schulen der Indien-Geschichtsschreibung, zu denen auch marxistische Betrachtungsweisen und die der Modernisierungstheorien zählen. Weitere Abschnitte sind etwa den unterschiedlichen Interpretationen der Dekolonisation, der Teilung des Landes und der Bilanz der Kolonialherrschaft gewidmet. Ergänzend werden Quellen und Darstellungen, auf die sich die Forschung bezieht, vorgestellt. Mit dem „Ziel, sowohl Wissen zu vermitteln als auch zu selbständigen Studien und zu eigenen Arbeiten anzuleiten“ (IX), wendet sich die empfehlenswerte Reihe in erster Linie an Studierende und Lehrer der Geschichte.