Diplomarbeit FU Berlin. – Delmas nennt es den „dialogue de sourds“ (Dialog der Gehörlosen) – die Unfähigkeit, eine Lösung für eines der zentralen Probleme Frankreichs zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu finden: die soziale und politische Integration aller Franzosen, also auch der Kinder von Migranten. Haben erst 2006 die Straßenschlachten zwischen Jugendlichen und der Polizei für Aufmerksamkeit gesorgt, erhitzte zuvor eine 15 Jahre währende Debatte über das Tragen religiöser Symbole in den Schulen die Gemüter. Es ging dabei um mehr als um das Kopftuch: Es ging um die Definition der nationalen Identität und der gemeinsamen Werte. Entsprechend vielseitig und unversöhnlich standen sich die Meinungen um die Ausgestaltung der Republik, des Laizismus und der Gleichberechtigung von Frauen und Männern gegenüber. Delmas versucht, den komplexen Argumentationsstrukturen beider Lager näher zu kommen und untersucht dabei vorrangig die Begründungen für und gegen das 2004 verabschiedete Gesetz über das Tragen religiöser Symbole an der Schule. Sie kommt zu dem nicht unerwarteten Ergebnis, dass es noch nie in der französischen Geschichte eindeutige oder universell bis heute gültige Vorstellungen von der Republik, dem Laizismus oder dem Feminismus gab. Auch die Feststellung, dass mit dem „Kopftuchgesetz“ eine Rückkehr zum kulturell definierten Assimilationsmodell deutlich wird, ist nicht wirklich neu. Leider fehlt dem sehr deskriptiv gehaltenen Werk außer dem formalen Aufruf zu mehr Toleranz jeglicher Lösungsvorschlag für das Funktionieren verschiedener (religiöser) Lebensmodelle.