Das Königsberger Gebiet in der Politik der Sowjetunion 1945-1990. Mit einer analytischen Betrachtung des Kaliningrader Gebiets in der Politik Rußlands 1991-2000
Diss. phil. Kiel. - Angesichts der seit 1991 bestehenden besonderen geographischen Situation Kaliningrads als einer russischen Exklave ist eine wissenschaftliche Aufarbeitung von "Stalins Vorposten" in Mitteleuropa erforderlich. Der Historiker Frobarth fragt, welche Motive nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine Rolle bei der Entscheidung spielten, den nordöstlichen Teil des ehemaligen Ostpreußens um die Stadt Königsberg der UdSSR zuzuschlagen. Er weist nach, dass neben geostrategischen Überlegungen eine territoriale Kompensation Deutschlands für den auferzwungenen "Großen Vaterländischen Krieg" im Vordergrund stand. Gleichzeitig habe Stalin damit den Versuch unternommen, in einem Zangengriff die "incertitudes baltes" - Litauen, Lettland und Estland waren erst 1940 von der Sowjetunion annektiert worden - zu verringern. Im Zuge der Einverleibung des ehemaligen Ostpreußens erfolgte eine rasche Besiedlung durch ethnische Russen aus verschiedenen Teilen der UdSSR und - etwas später - der Aufbau eigener Parteistrukturen zum Zwecke der "politischen Stabilisierung" des Verwaltungsbezirkes "Kaliningradskaja oblast". Die Option einer Angliederung an die SSR Litauen lehnten die Litauer selbst ab, da sie eine massive Veränderung ihrer demographischen Bevölkerungsstruktur befürchten mussten. Dieser Argumentation ließe sich noch hinzufügen, dass sich Litauen nach dem Zweiten Weltkrieg bereits mit der Angliederung ehemals polnischer Gebiete im Süden um die Hauptstadt Vilnius (Wilna) in einer prekären Situation befand. In einem Ausblick geht der Autor auch auf die russische Politik gegenüber dem Kaliningrader Gebiet nach 1991 ein. Dabei wird deutlich, dass die im Zuge der EU-Erweiterung entstehende Problematik für Kaliningrad zunächst besonderer Anstrengungen seitens der russischen Regierung bedarf, um die sich aus der Aufnahme Litauens und Polens ergebenden Herausforderungen (Schengen-Besitzstand, Verbesserung des Investitionsklimas etc.) zu lösen. Mit der Annahme eines Aktionsplanes für Kaliningrad hat Russland zum Jahresende 2001 sicherlich einen ersten Schritt in diese Richtung unternommen.