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Alexandra Jonas

Das Governance-System der GSVP. Die Rolle des EU-Satellitenzentrums und der Europäischen Verteidigungsagentur

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Europäische Schriften 96); 312 S.; 64,- €; ISBN 978-3-8487-1830-6
Politikwiss. Diss. Passau; Begutachtung: D. Göhler, B. Stahl. – Die Gemeinsame Sicherheits‑ und Verteidigungspolitik der Europäischen Union (GSVP) befindet sich in einer Krise, ihre Relevanz war und ist vor diesem Hintergrund umstritten. So lautet die nüchterne Feststellung, mit der Alexandra Jonas ihre Studie zum Governance‑System der GSVP einleitet. Als Spiegel dieser Entwicklung hat auch die Forschung zu diesem Thema in der Vergangenheit weniger große theoriegeleitete Untersuchungen als vielmehr praxisorientierte Fragestellungen verfolgt. Jonas‘ Analyse grenzt sich von diesem Trend ab. Sie greift im Rahmen der sogenannten zweiten Welle theoriegeleiteter Forschung zur GSVP entwickelte Konzepte auf, die in den entsprechenden Brüsseler Strukturen Sozialisierungsprozesse ausgemacht haben, die wiederum bürokratischen Instanzen Autonomie und Möglichkeiten der Einflussnahme auf die GSVP geben. Nachweisen will sie dies an den Beispielen der beiden EU‑unmittelbaren Agenturen des EU‑Satellitenzentrums (EUSC) und der Europäischen Verteidigungsagentur (EAD). Ihrer zentralen These zufolge haben sich „die beiden Agenturen [...] von den Mitgliedstaaten verselbstständig[t], um ihre eigenen Präferenzen umzusetzen“. Grundlage und Voraussetzung hierfür sei die Entwicklung einer „institutionseigene[n] Identität“ (20) gewesen, die zu pro‑europäischen Präferenzen führe. Jonas bedient sich vier theoretischer Ansätze, die auf unterschiedlichen Handlungslogiken basieren, darunter rationalistische Prinzipal‑Agent‑Modelle ebenso wie der Ansatz der Gouvernementalität nach Foucault. Zunächst untersucht die Autorin dazu, inwiefern sich bei den Angehörigen des EUSC und der EAD Sozialisierungsprozesse einstellen, die zu einem Korpsgeist als gemeinsame identitäre Grundlage für eine strategische Kultur geführt haben. Nach Jonas‘ Modell erhalten die GSVP‑Agenturen hierdurch die Fähigkeit zu autonomem, von den Präferenzen und Vorstellungen der EU‑Mitgliedstaaten abweichendem Handeln. Wie als Ergebnis des zweiten Untersuchungsschritts offenkundig wird, ergeben sich nicht alle angenommenen Entwicklungen in der von Jonas erwarteten Eindeutigkeit. So weise das EUSC zwar eine „Verselbstständigung von den Prinzipalen durch autonome Funktionsausweitung in Form einer Aneignung neuer Kompetenzen“ (266) auf, die EAD beweise trotz eines „europäische[n] Mindset[s]“ hingegen „weder einen grundsätzlichen Gestaltungswillen noch Verselbstständigungsbestrebungen von ihren Prinzipalen“ (268). Vor diesem Hintergrund seien, so Jonas, mit Blick auf die eingangs diagnostizierte Krise der GSVP „Impulse zur Überwindung der Krise [...] von den GSVP‑Agenturen somit nicht zu erwarten“ (278).
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Rubrizierung: 3.63.3 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Alexandra Jonas: Das Governance-System der GSVP. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38975-das-governance-system-der-gsvp_47119, veröffentlicht am 15.10.2015. Buch-Nr.: 47119 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken