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Friederike Lay

Das Europäische Parlament in der Justiz- und Innenpolitik der Europäischen Union. Entscheidungsprozesse in ausgewählten Fallstudien

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2011 (Europäische Hochschulschriften: Reihe XXXI, Politikwissenschaft 594); 230 S.; 39,80 €; ISBN 978-3-631-61114-2
Politikwiss. Diss. Münster; Gutachter: W. Woyke, C. Frantz. – Das Europäische Parlament gehört zu den Gewinnern der Vertragsreformen der vergangenen 20 Jahre, hat es doch einen erheblichen Zuwachs an Kompetenzen erlebt. Dass dieser Prozess auch vor der Innen- und Justizpolitik der EU nicht haltmacht, zeigt Friederike Lay in ihrer Studie. Zunächst bietet sie einen – zuweilen recht trockenen – Überblick über die Entwicklung der europäischen Justiz- und Innenpolitik und eine Darstellung der grundsätzlichen Funktionen des Parlaments im Entscheidungsprozess der EU. Das Herz der Arbeit stellen vier Fallstudien dar, deren Auswahl sorgfältig begründet wird. Mit den Fällen (1) Rückführungsrichtlinie, (2) Blue Card, (3) Verordnung über Insolvenzverfahren sowie (4) Verordnung über ein Verfahren für geringfügige Forderungen werden sowohl politisch brisante als auch weniger umstrittene Dossiers analysiert. Vor allem unterscheiden sich die Fälle auch darin, dass dem Parlament vertraglich unterschiedliche Möglichkeiten zur formellen Beeinflussung des Entscheidungsverfahrens (Anhörung versus Mitentscheidung) geboten werden. Die Entscheidungsprozesse werden von Lay gründlich untersucht. Neben einer großen Menge von EU-Dokumenten hat sie mit 19 Experten gesprochen, deren Urteile in ihre Darstellung eingeflossen sind. Am Ende kommt Lay zu einem gemischten Ergebnis: Das Entscheidungsverfahren stellt nach ihrer Ansicht eine wichtige Variable für die Stärke des Einflusses des Parlaments dar, es ist aber nicht die einzige. Besondere Bedeutung hat nach Lay die Verteilung der Positionen im Rat. Außerdem identifiziert sie Prozesse der „Gewöhnung“ bei den Mitgliedern des Rates, die die (ja dem Parlament erst sehr spät eingeräumten) Rechte zusehends als legitim und normal wahrnehmen. Abschließend unterscheidet die Autorin elf Faktoren, die über die Mitsprachemöglichkeiten des Parlaments mitbestimmen. Der Vertrag von Lissabon mit seiner Ausweitung der Mitentscheidung auf den gesamten Bereich der Innen- und Justizpolitik dürfte zu einer weiteren Konsolidierung des parlamentarischen Einflusses führen.
Wilhelm Knelangen (WK)
Dr., wiss. Ass., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 3.3 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Friederike Lay: Das Europäische Parlament in der Justiz- und Innenpolitik der Europäischen Union. Frankfurt a. M. u. a.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33737-das-europaeische-parlament-in-der-justiz--und-innenpolitik-der-europaeischen-union_40408, veröffentlicht am 29.09.2011. Buch-Nr.: 40408 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken