Skip to main content
Veronika Kneip

Consumer Citizenship und Corporate Citizenship. Bürgerschaft als politische Dimension des Marktes

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Studien zur Politischen Soziologie 9); 404 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8329-6022-3
Diss. Siegen. – In Zeiten global agierender Unternehmen und zunehmender Transnationalisierung gesellschaftlicher Ordnungen entwickelt sich der Markt als Ort ökonomischen Handelns immer mehr auch zum Austragungsfeld politischer und sozialer Fragen. Dabei wird allen Teilnehmern die Fähigkeit zugesprochen, als verantwortungsvoll Handelnde aufzutreten und zum Beispiel ökologische oder ethische Kontexte zu bedenken. Können also Unternehmen und Käufer als Bürger im Marktgeschehen erfasst werden, deren Tätigsein neben dem Eigeninteresse auch normative Kriterien bedient? Dieses Verständnis des Bürger-Seins in den Begriffen von Corporate und Consumer Citizenship untersucht Kneip im Rahmen ihrer vergleichenden soziologischen Fallstudie. Sie beleuchtet verschiedene Ebenen der Auseinandersetzung des Sportartikelherstellers Puma mit der Kampagne für Saubere Kleidung sowie des Getränkeherstellers Coca-Cola mit der Kampagne Stop Killer Coke. Den Begriff des Bürgers leitet sie aus der Gegenüberstellung des Bourgeois und Citoyen seit Rousseau ab. Kneip resümiert, dass die Grenzen des Bürgerbegriffs genau in deren Konfrontation sichtbar werden. Während die Unternehmen soziale und ökologische Standards als freiwillig und lose auferlegte, daneben auch für Werbezwecke zu nutzende Kriterien begreifen, fordern die Kampagnenvertreter eine rechtliche Verbindlichkeit und die politische Durchsetzung dieser Standards ein. Gewinninteressen limitieren die unternehmerische Selbstbindung ebenso wie Konsumenten sich in einer „Watchdog-Rolle“ (351) verlieren können. Dabei ist die Öffentlichkeit immer für beide Seiten eine entscheidende und auch zu manipulierende Adresse. Kneip versteht das Bürgerhandeln im Sinne von Iris Marion Young schließlich als „social connection model“ (193), also als komplexes Netz sozialer Strukturen und Handlungsebenen, um Verantwortungsbeziehungen zurechenbar zu beschreiben. Zur Eingrenzung und Nutzbarmachung dieses Tätigseins ist jedoch ein nur auf politischer Ebene zu schaffender ordnungspolitischer Rahmen notwendig. Marktakteure brauchen diese Referenzgrundlage für ihr Selbstverständnis als Bürger.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.42 | 2.3 | 2.331 | 2.64 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Veronika Kneip: Consumer Citizenship und Corporate Citizenship. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33536-consumer-citizenship-und-corporate-citizenship_40129, veröffentlicht am 30.03.2011. Buch-Nr.: 40129 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken