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Clinton, Bush, Obama und die nordkoreanische Bombe. Die US-Außenpolitik angesichts der andauernden Nuklearkrise

18.12.2017
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Natalie Wohlleben, Dipl.-Politologin

Nordkorea GrenzeDie Grenze zwischen Nord- und Südkorea ist streng bewacht, der Übergang führt durch Gebäude, die Eingänge auf beiden Seiten der Demarkationslinie haben. Foto: Stefan Krasowski (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:North_Korea_026_(6160859022).jpg: CC BY 2.0)

 

Die Freude darüber, dass die koreanische Halbinsel zur atomwaffenfreien Zone erklärt wurde, war 1992 nur von kurzer Dauer: Schon ein Jahr nach Abschluss dieses Abkommens zwischen Süd- und Nordkorea verweigerte Letzteres der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) 1993 den Zugang zu einer atomtechnischen Anlage und trat – zum ersten, aber nicht zum letzten Mal – aus dem Atomwaffensperrvertrag aus. In seinem Bemühen, diese Krise zu entschärfen, ging US-Präsident Bill Clinton einen Schritt auf den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il zu: In einem Rahmenabkommen konnte so 1994 vereinbart werden, dass sich Nordkorea wieder der IAEA unterstellt, im Gegenzug sollte das Land zwei Leichtwasserreaktoren erhalten.1

Das Wissen darüber, wie sich eine Atombombe bauen lässt, war zu jenem Zeitpunkt allerdings schon längst im Land, sowjetische Experten hatten bereits 1956 erstes Grundwissen zur Verfügung gestellt. Chinesischen Quellen zufolge hat Nordkorea 1969 begonnen, Atomwaffen zu entwickeln. Der Versuch Clintons, nach dem Ende des Ost-West-Konflikts eine neue Sicherheitsordnung zu etablieren, war vor diesem Hintergrund von Anfang an ein Unterfangen mit äußerst ungewissen Aussichten – strebte und strebt Nordkorea doch, so die in der Literatur durchweg übereinstimmenden Aussagen, nach Atomwaffen, um die USA abzuschrecken. Ein zweiter Korea-Krieg soll(te) aus Sicht des Regimes so verhindert werden. An dem gegenteiligen Effekt, dass das Land damit erst recht in den Fokus US-amerikanischer Sicherheitspolitik geraten ist, besteht ebenso wenig ein Zweifel.

Das Handeln Nordkoreas wird von den Experten zwar als in sich rational eingestuft, die Weigerung aber, von einer atomaren Aufrüstung abzusehen, ließ es – aus der Sicht des Clinton-Nachfolger George W. Bush – auf der „Achse des Bösen“ landen. Die Sechs-Parteien-Gespräche, mit denen die USA, Südkorea, Japan, Russland und China ab 2003 eine friedliche Beilegung des Konflikts anstrebten und dabei Nordkorea wirtschaftliche und humanitäre Hilfe in Aussicht stellten, scheiterten – im September 2005 startete Nordkorea seinen ersten Atomtest. Der UN-Sicherheitsrat reagierte mit der Resolution 1718, mit der wirtschaftliche Sanktionen verhängt wurden.

Der nächste US-Präsident Barack Obama entwarf 2009 die Utopie einer Welt, in der die Atommächte abrüsten und sich keine weiteren Länder entsprechend aufrüsten. Stärker als sein Vorgänger setzte Obama wieder auf eine Mischung aus Diplomatie und Sanktionen gegenüber Nordkorea, im Zweifelsfall ignorierte er die Provokationen von Kim Jong-un, der im Dezember 2011 seinem verstorbenen Vater als nordkoreanischer Diktator nachfolgte. Unter seiner Führung hat Nordkorea in den vergangenen Jahren trotz des Protests der internationalen Gemeinschaft wiederholt Raketen getestet und mutmaßlich eine Wasserstoffbombe gezündet.

Die nordkoreanische Nuklearkrise und die Antworten der jüngeren US-amerikanischen Außenpolitik können schlaglichtartig anhand einer Auswahl an Kurzrezensionen nachvollzogen werden, die seit dem Jahr 2000 erschienen sind.


Beatrice Bischof

Das Verhalten der amerikanischen Regierung in der nordkoreanischen Nuklearkrise. Konstellationsanalyse mit besonderem Nachdruck auf dem amerikanischen Krisenverhalten

Online-Publikation 2005 (http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=978077199); 1.095 S.
Diss. München; Gutachter: G.-K. Kindermann, C. Daase. – Die mögliche atomare Bedrohung durch Nordkorea sowie die Versuche der Clinton-Regierung, diese Krise zu entschärften, ordnet die Autorin in eine ambivalente Entwicklung ein: Zwar sei mit dem Ende des Ost-West-Gegensatzes die militärische Macht nicht mehr der allein entscheidende Faktor in den internationalen Beziehungen: Das zunehmende Gewicht der Wirtschaft lasse eine multipolare Weltordnung entstehen. Dennoch verschärfe sich der Nor...weiterlesen


John Feffer

Nordkorea und die USA. Die amerikanischen Interessen auf der koreanischen Halbinsel. Aus dem Amerikanischen von Andrea Panster

München: Diederichs 2004; 190 S.; geb., 19,95 €; ISBN 3-7205-2484-1
Seit US-Präsident Bush Nordkorea in sein Konstrukt einer „Achse des Bösen" einreihte, gerät das rätselhafte Relikt aus den Zeiten des Ost-West-Konflikts wieder häufiger in die Schlagzeilen. Die nordkoreanische Regierung tut das Ihre dazu, indem sie die Trumpfkarte ihres Atomprogramms gezielt einsetzt. Der amerikanische Publizist Feffer untersucht in seinem höchst informativen Buch die Hintergründe des Korea-Konflikts. Er gibt einen kompakten Überblick über die koreanische Geschichte, die Entwick...weiterlesen


Martin Fritz

Schauplatz Nordkorea. Pulverfass im Fernen Osten

Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 2004 (Herder Spektrum 5464); 159 S.; kart., 8,90 €; ISBN 3-451-05464-7
Der Autor ist Redakteur beim Norddeutschen Rundfunk und seit 2001 als ARD-Ostasienkorrespondent unter anderem auch für die Berichterstattung über Nordkorea zuständig. Er schildert auf spannende Art und Weise die Grundlagen der Herrschaft in Nordkorea, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des nahezu völlig isolierten Landes und seine ständigen Konflikte mit den Nachbarn sowie mit den USA. Die Grundlage des nordkoreanischen Staates sei der „Kimilsungismus", eine Art „Neo-Konfuzianismus in einer ko...weiterlesen


Heinz Gärtner (Hrsg.)

Obama and the Bomb. The Vision of a World Free of Nuclear Weapons

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2011 (Internationale Sicherheit 9); 311 S.; geb., 39,- €; ISBN 978-3-631-61263-7
„Countries with nuclear weapons should move towards disarmament, countries without nuclear weapons should not acquire them, and all countries could enjoy access to peaceful nuclear energy.” (298) Dies ist die zentrale Botschaft der von Präsident Obama im April 2009 in Prag verkündeten Atom-Doktrin der USA. Heinz Gärtner betont, dass Obama damit einen grundlegenden Bruch mit der – von Samuel Huntingtons Kampf der Kulturen inspirierten – alten Doktrin der Bush-Administratio...weiterlesen


Sebastian Harnisch

Außenpolitisches Lernen. Die US-Außenpolitik auf der koreanischen Halbinsel

Opladen: Leske + Budrich 2000; 776 S.; kart., 51,- €; ISBN 3-8100-2735-9
Politikwiss. Diss. Trier; Gutachter: H. Maull. - Diese Arbeit verfolgt ein zweifaches Erkenntnisziel: Zum einen soll eine empirische Untersuchung der amerikanischen Koreapolitik, ihrer Wandlungen und Determinanten geleistet werden: "Die Studie versucht, neue Aufschlüsse über das bisherige und zukünftige Verhalten der USA in dieser wichtigen Schlüsselregion zu geben." (23). Zum anderen verfolgt der Autor ein anspruchsvolles theoretisches Ziel: Die Denkbilder von drei US-Administrationen werden an...weiterlesen


Sebastian Harnisch / Hanns W. Maull

Kernwaffen in Nordkorea. Regionale Stabilität und Krisenmanagement durch das Genfer Rahmenabkommen

Bonn: Europa Union Verlag 2000 (Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V. [DGAP}); 210 S.; ISBN 3-7713-0589-6
Der Abschluss des Genfer Rahmenabkommens zwischen den USA und Nordkorea mit dem Ziel, das nordkoreanische Nuklearwaffenprogramm einzufrieren und langfristig abzubauen führte 1994 zum Aufbau der ersten multilateralen Sicherheitsinstitution auf der koreanischen Halbinsel, der KEDO (Korean Peninsula Energy Development Organisation). Dieses internationale Konsortium soll Nordkorea zwei 1000-Megawatt-Leichtwasser-Reaktoren zur Verfügung stellen und bis dahin das Land mit Schweröl beliefern. In diesem...weiterlesen


Gerald Hensel

Positive Anreizsteuerung im Atomkonflikt mit Nordkorea (1994-2002)

Oberhausen: Athena-Verlag 2005 (Forum Internationale Politik/Brückenschlag 2); 119 S.; brosch., 16,50 €; ISBN 3-89896-208-3
Politikwiss. Magisterarbeit Mannheim; Gutachterin: B. Kohler-Koch. – Nicht erst seit Präsident Bush Jr. in seiner State-of-the-Union-Ansprache vom Januar 2002 Nordkorea zur „Achse des Bösen“ rechnete, sind dessen Beziehungen zu den USA gespannt. Die amerikanische Regierung und die internationale Gemeinschaft versuchten schon lange vorher, das undurchsichtige Regime dazu zu bewegen, seine atomaren Anlagen der Kontrolle der Internationalen Atomenergiebehörde zu öffnen. Mit dem Ab...weiterlesen


Roland Hiemann

Diplomatie oder Daumenschrauben? Die Strategien der USA gegen ein nukleares Nordkorea

Stuttgart: ibidem-Verlag 2015 (Göttinger junge Forschung 25); 661 S.; 69,90 €; ISBN 978-3-8382-0827-5
Diss. Göttingen; Begutachtung: B. Tibi, F. Walter. – Deutschsprachige Forschungsliteratur zur US‑amerikanischen Außenpolitik gibt es zuhauf; Einzeldarstellungen beziehen sich aber meist auf die Politik gegenüber europäischen Ländern oder China, Japan oder vielleicht den Iran. Die US‑Außenpolitik gegenüber Nordkorea wird von deutschen Autoren nur selten in den Mittelpunkt gerückt. Dennoch spielt die US‑Strategie im schwelenden Konflikt über die Atombewaffnung Nordkoreas ...weiterlesen


Robert Koch

Nonproliferation im Fall Nordkoreas. Die Ansätze der Administrationen Clinton und Bush im Vergleich

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2007 (Internationale Sicherheit 6); 115 S.; brosch., 24,50 €; ISBN 978-3-631-56137-9
Zwar konnten im Konflikt um die atomare Aufrüstung zwischen Nordkorea und den USA weder die Regierung Clinton noch die von Bush Jr. eine einvernehmliche Lösung herbeiführen, doch insgesamt habe die Clinton-Administration die besseren Ergebnisse erzielt. Zu diesem Fazit gelangt der Autor in seiner vergleichenden Analyse, die die jeweiligen Strategien und ihre Umsetzung (Inhalte, diplomatischer Auftritt, Instrumentarium) sowie die Rolle des US-Kongresses, der Vereinten Nationen und der Internation...weiterlesen


Pierre Rigoulot

Nordkorea. Steinzeitkommunismus und Atomwaffen - Anatomie einer Krise. Aus dem Französischen von Martin Breitfeld

Köln: Kiepenheuer & Witsch 2003 (KiWi 804); 120 S.; 6,90 €; ISBN 3-462-03347-6
Der Autor ist Chefredakteur der „Cahiers d'Histoire sociale" und beschäftigt sich seit langem mit der asiatischen Politik. In seinem schmalen Buch trägt er einige Informationen über das nach wie vor sehr abgeschottete Nordkorea zusammen. Er geht kurz auf die geschichtliche Entwicklung der nordkoreanischen Diktatur ein und widmet sich dann der Schilderung der Unterdrückung und des harten Alltags der Menschen. Die Darstellung geht dabei so gut wie nie über bruchstückhafte Informationen hinaus, bis...weiterlesen


Sung Bok Cho

Die Außen- und Sicherheitspolitik der USA seit dem Ende des Ost-West-Konflikts und die Nuklearpolitik Nordkoreas

Online-Publikation 2007 (http://deposit.d-nb.de/cgi-bin/dokserv?idn=98599214x); 282 S.
Diss. Köln; Gutachter: T. Jäger, M. R. Zimmer. – Der Autor zeichnet die US-Politik gegenüber Nordkorea seit Anfang der 90er-Jahre nach, unter Berücksichtigung der Nuklearkrisen 1993/94 und seit 2002. Diese Politik sei gekennzeichnet durch den Versuch diplomatischer Verhandlungen sowie durch ein unilaterales bzw. hegemoniales Auftreten. Cho erklärt diese Ausgestaltung der Nordkorea-Politik mit der unipolaren Stellung, die die USA im internationalen System einnehmen. Außerdem fragt er nach d...weiterlesen


1Zur Chronologie siehe: „Nordkoreas wichtigste Schritte zur Atombombe“, Neue Züricher Zeitung (zuletzt aufgerufen am 6. Dezember 2017).

 

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Literaturhinweis

Jonathan D. Pollack
No Exit. North Korea, Nuclear Weapons, and International Security
Abingdon, Königreich Routledge 2011


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