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Heiko Koch

Casa Pound Italia. Mussolinis Erben

Münster: Unrast 2013; 147 S.; 13,- €; ISBN 978-3-89771-536-3
Im Jahr 2003 besetzten Mitglieder der rechtsradikalen Gruppen Movimento Politico Occidentale, Meridiano Zero und Fiamma Tricolore ein leer stehendes Mietshaus in Rom und gaben ihm, in Anlehnung an den amerikanischen Literaten und Mussolini‑Anhänger, den Namen „CasaPound“ (15). Nach zehn Jahren expansiver und aggressiver Öffentlichkeitsarbeit verfügt die so entstandene Casa Pound Italia (CPI) derzeit über „eine Infrastruktur von 13 Provinzorganisationen und über 51 Standorten in Italien“ (19). Worin ist der Erfolg „der wohl jüngsten und modernsten Strömung“ (15) der neofaschistischen Rechten Italiens begründet? Auf knapp 150 Seiten geht Heiko Koch dieser Frage nach und legt mit diesem Band nicht nur eine Charakterisierung der „Faschisten des dritten Jahrtausends“ (23), sondern auch deren Verortung in der Entwicklung der extremen Rechten seit den 1990er‑Jahren vor. Die CPI selbst stellt sich in die Tradition der faschistischen Bewegung der Zwischenkriegszeit. „Dies hilft, sich als neue revolutionäre Kraft und gleichzeitig Bewahrer der Tradition darzustellen. Die national‑revolutionäre Rhetorik angeblich sozial‑ökonomischer Erneuerung aus vergangenen Zeiten und der avantgardistische Habitus“ lassen sich so ideal weiterverwenden. Damit gelingt die Adaption und Neuinterpretation popkultureller Ästhetik, jugendgerechten Auftretens und der Aktionsformen anderer subkultureller Sozialbewegungen. Die Erfahrungen einzelner Führungsmitglieder „aus den straff geführten faschistischen Jugend‑ und Parteiorganisationen machen [die CPI] dabei zu einer professionell geführten, autoritären Bewegung“ (107). Ihre Attraktivität besteht darin, sich in Zeiten der ökonomischen Krise Ausgegrenzten und Etablierten gleichermaßen als Alternative anzubieten. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass auch hierzulande rechte Protagonisten, von NPD über Neue Rechte bis hin zur Identitäteren Bewegung, neidvoll nach Italien blicken und innerhalb bestehender Netzwerke einen Ideologie‑ und Methodentransfer versuchen – ein Prozess, den Koch, als langjähriger Kenner der italienischen Szene, im letzten Kapitel des Buches anschaulich beschreibt. Zusammenfassend gilt: Wer sich intensiver mit der CPI und deren Vorbildfunktion für rechte Bewegungen innerhalb Europas beschäftigen möchte, kommt an diesem Titel nicht vorbei. Als bisher einzig fundierte deutschsprachige Veröffentlichung zum Thema füllt es im dünnen Bestand wissenschaftlicher Literatur zur extremen und neofaschistischen Rechten in Italien eine Lücke.
Ronny Noak (RNO)
B.A., Politikwissenschaftler, Student, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rubrizierung: 2.61 | 2.22 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Ronny Noak, Rezension zu: Heiko Koch: Casa Pound Italia. Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36517-casa-pound-italia_44723, veröffentlicht am 12.12.2013. Buch-Nr.: 44723 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken