Allenfalls als Urlaubsland oder durch die Wahl des Ex-Königs Simeon von Sachsen-Coburg-Gotha zum Ministerpräsidenten rückt Bulgarien ins Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit. Ansonsten, und so war es auch im 19. und 20. Jahrhundert, ist die wissenschaftliche und publizistische Auseinandersetzung mit dem Land am Schwarzen Meer eher spärlich. Hinzu kommt, dass zumeist Katastrophen und Tragödien, sei es die Fremdherrschaft der Osmanen, der stalinistische Terror oder die Zwangsbulgarisierung der türkischen Minderheit, die europäische Wahrnehmung von Bulgarien prägen. Um ein besseres Kennenlernen von Land und Leuten zu leisten, versucht der Autor mit seinem "Lesebuch über Ereignisse und Gestalten aus der bulgarischen Geschichte" (IX) sozial- und kulturhistorische Kontinuitäten und Brüche in der Entwicklung des Landes aufzuspüren. Das gelingt Geier recht lesenswert und verleitet mit reichlich Sekundärliteratur zum Weiterforschen. Manche Erörterungen wiederholen sich, doch diese kleinen Redundanzen können dem Leser angesichts einer 1300-jährigen bulgarischen Geschichte nicht schaden. Inhalt: Wahrnehmungen. Anstelle einer Einleitung. 1. Aufstiege und Zusammenbrüche. Bulgarenreiche zwischen Rom und Byzanz, Franken und Russen, Serben und Osmanen (681-1396); 2. Christianisierung, Schriftsprache, Kultur. Slawenapostel, Schüler und Schulen. Goldene Zeitalter im Ersten und Zweiten Bulgarenreich (863-1371); 3. Osmanische Fremdherrschaft. Merkmale und Folgen. Kirche und kulturelle Identität. Aufstände und europäische Reaktionen (1396-1876); 4. Wiedergeburt. Von der "Slawobulgarischen Geschichte" 1762 bis zur Verfassung von Tarnovo 1879; 5. Befreier und Befreite. Bulgarien, Rußland und die europäischen Großmächte zwischen 1879 und 1918; 6. Kriege und Katastrophen. Bulgarien im 20. Jahrhundert.