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Sebastian Weise

Bürgerhaushalt in Berlin. Das Bürgerhaushaltsprojekt des Bezirkes Lichtenberg

Berlin: Lit 2007 (Region – Nation – Europa 47); III, 125 S.; brosch., 12,90 €; ISBN 978-3-8258-0083-3
Politikwiss. Diplomarbeit Potsdam. – Die Idee des Bürgerhaushaltes hatte ihren Ursprung in der südbrasilianischen Stadt Porto Alegre. Als wesentliches Instrument zur Gestaltung der kommunalen Gemeinschaft zielt es auf Information und Transparenz über Haushaltsverfahren sowie auf eine Veränderung von Haushaltsentscheiden durch Bürgerbeteiligung. In Deutschland wurde es Ende der 90er-Jahre im Zuge der kommunalen Verwaltungsreform in kleineren Kommunen in Süddeutschland und Nordrhein-Westfalen praktiziert. Mit dem Bürgerhaushaltsprojekt 2007 von Berlin-Lichtenberg hielt das Konzept erstmals Einzug in eine Großstadt. Der Autor erörtert den Bürgerhaushalt einleitend im Kontext des Leitbildes der Bürgerkommune und stellt dann ausführlich die Struktur und den Ablauf des Modellprojekts Berlin-Lichtenberg dar. In einem mehrstufigen und breit angelegten Beteiligungsprozess konnten 4.000 Bürgerinnen und Bürger mobilisiert werden, Vorschläge für die Verwendung des Anteils der bezirklichen Einnahmen zu machen, der für die frei steuerbaren Aufgaben zur Verfügung steht (6 % der Gesamteinnahmen für Aufgaben in Bereichen wie Kultur, Sport, Jugend-, Gesundheits-, Wirtschaftsförderung oder Umwelt und Natur). Weise ordnet das Projekt in eine zuvor anderweitig entwickelte Typologie europäischer Bürgerhaushalte ein und bewertet auf dieser Grundlage dessen deliberative Qualität. Zwar könne der Bürgerhaushalt Lichtenberg dem in Deutschland verbreiteten Modelltyp „Konsultationen über öffentliche Finanzen“ zugeordnet werden, das als „Kind“ der Verwaltungsreform über ein relativ standardisiertes und formelles Verfahren verfügt und hauptsächlich eher aktive Bürger zur Teilnahme gewinnt. Dennoch, so das Fazit, hebt sich das Lichtenberger Projekt in zwei wesentlichen Elementen (Abstimmung und Priorisierung der Vorschläge sowie Selbstverpflichtung der Legislative, die Bürgervorschläge zu berücksichtigen) von diesem Typus ab, sodass der rein konsultative Charakter teilweise überwunden und eine Tendenz zum Idealtyp der bürgernahen Partizipation erreicht werden konnte.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.325 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Sebastian Weise: Bürgerhaushalt in Berlin. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28550-buergerhaushalt-in-berlin_33643, veröffentlicht am 07.04.2008. Buch-Nr.: 33643 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken