Skip to main content
Christoph Ewen / Oscar W. Gabriel / Jan Ziekow / Frank Buchholz / Kai Masser / Uwe Remer-Bollow

Bürgerdialog bei der Infrastrukturplanung: Erwartungen und Wirklichkeit. Was man aus dem Runden Tisch Pumpspeicherwerk Atdorf lernen kann

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Schriften zur Evaluationsforschung 3); 220 S.; brosch., 44,- €; ISBN 978-3-8487-0693-8
Für die Umsetzung großer politischer Ziele wie etwa die Energiewende sind Infrastrukturmaßnahmen erforderlich, die in der Bevölkerung nicht selten auf Ablehnung stoßen. Ein Beispiel hierfür ist die Planung eines Pumpspeicherwerks im baden‑württembergischen Atdorf, das 2019 als größtes deutsches Werk seinen Betrieb aufnehmen soll. Das Vorhaben war von Anfang an in der Bevölkerung umstritten, sodass der Vorhabenträger, die Schluchseewerk AG, nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens im Dezember 2010 einen Runden Tisch initiierte, um Transparenz über die Entscheidungsgrundlagen herzustellen und zur Versachlichung der Debatte beizutragen. In diesem Band werden die Ergebnisse der begleiteten Evaluation dieses Runden Tisches präsentiert. Ziel der wissenschaftlichen Begleitung war es, Hinweise zu erhalten, wie Dialogprozesse bei infrastrukturellen Großprojekten verbessert und „Zusammenhänge zwischen Prozess‑Charakteristika und Prozess‑Wirkungen im Bereich der Beteiligung“ (18) entwickelt werden können. Zur besseren Einordnung der Beteiligungsform „Runder Tisch“ systematisieren die Autoren zunächst die breite Palette von Partizipationsverfahren, skizzieren unterschiedliche Arten, Arenen und Intensitäten von Konflikten und setzen sich generell mit der Frage auseinander, ob und wie Erfolgswerte von Partizipation überhaupt zu messen sind. Die wissenschaftliche Begleitung selbst stützt sich im Wesentlichen auf zwei schriftliche Befragungen der Teilnehmenden am Runden Tisch Atdorf (während und nach Abschluss des Verfahrens) sowie Erhebungen von Meinungen nicht aktiv Beteiligter aus vier benachbarten Kommunen. Außerdem wurden teilnehmende Beobachtungen, Sitzungsprotokolle und die Berichterstattung der Medien ausgewertet. Zudem wurden ähnliche Dialogprozesse in die Analysen einbezogen; entsprechend erfolgt die Darstellung der Ergebnisse im Vergleich mit vier ähnlich raumrelevanten Vorhaben (darunter auch Stuttgart 21). Beim Runden Tisch in Atdorf zeigte sich, dass die Konfliktparteien mit unterschiedlichen Erwartungen in den Dialog getreten sind und sich die Positionen zum Neubau‑Projekt im Laufe des Prozesses nicht verändert haben. Vielmehr hat sich „eine stärkere Polarisierung eingestellt“ (106), wobei der Anteil der Unentschiedenen gesunken und der der Gegner gestiegen ist. Bei den Teilnehmenden wie Zuschauenden überwiegt die Unzufriedenheit mit dem Runden Tisch, der insgesamt nicht zu grundlegenden „Veränderungen im Bereich des Wissens, Wahrnehmens und Bewertens“ (188) geführt hat, lautet ein zentraler Befund.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.325 | 2.33 | 2.32 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Christoph Ewen / Oscar W. Gabriel / Jan Ziekow / Frank Buchholz / Kai Masser / Uwe Remer-Bollow: Bürgerdialog bei der Infrastrukturplanung: Erwartungen und Wirklichkeit. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36540-buergerdialog-bei-der-infrastrukturplanung-erwartungen-und-wirklichkeit_44772, veröffentlicht am 19.12.2013. Buch-Nr.: 44772 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken