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Oliver Mross

Bürgerbeteiligung am Rechtsetzungsprozess in der Europäischen Union. Ein Beitrag zur Stärkung der demokratischen Legitimation?

Berlin: Duncker & Humblot 2010 (Schriften zum Europäischen Recht 147); 311 S.; 78,- €; ISBN 978-3-428-13131-0
Rechtswiss. Diss. Bochum; Gutachterin: A. Puttler. – Mross untersucht Theorien und Praktiken zur Minderung des Defizits an demokratischer Legitimation in der Europäischen Union. Da seine Recherche für diese Studie allerdings bereits 2006 im Wesentlichen abgeschlossen war, sind die neueste Literatur und vor allem die jüngsten europarechtlichen Entwicklungen hierin leider nicht mehr berücksichtigt. Somit fehlt zum Beispiel eine Analyse der Europäischen Bürgerinitiative (EBI). Mross zieht seinen Begriff von der Bürgerbeteiligung jedoch derart eng (vgl. 110 ff.), dass die EBI ohnehin kaum Beachtung gefunden hätte; denn er analysiert lediglich die Mitwirkung der Bürger am Prozess der Entscheidungsvorbereitung im Rechtsetzungsverfahren. Damit verkennt der Autor aber, dass demokratische Elemente wie die EBI bürgerschaftliches Engagement anregen (können), welches dann aber sehr wohl in seinen Untersuchungsbegriff fiele. Eine weitere Auslassung betrifft beispielsweise die Europäischen Bürgerkonferenzen, die wohl von Mross’ Beteiligungsdefinition erfasst sein müssten. Abgesehen von einigen Omissionen schlüsselt der Autor die einzelnen Formen der Bürgerbeteiligung an der Rechtsvorbereitung jedoch sorgfältig auf und arbeitet sich durch die europäischen Institutionen und Rechtsakte. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist das Werk bis auf die genannten Auslassungen somit einwandfrei; mangelhaft wird es dort, wo Mross sich auf sozial- und insbesondere politikwissenschaftliches Terrain wagt, wie etwa im Kapitel über die „Erweiterung des dualistischen Legitimationsmodells“ (207 ff.). Dort fehlt dem Autor dann nämlich eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, wer denn überhaupt sein „Bürger“ sei. Mross ist mit dem Vorschlag, „Volk“ nicht mehr als alleiniges Legitimationssubjekt zu sehen und stattdessen die Bürger individuell als Ausgangspunkt der Legitimation zu verstehen, zwar prinzipiell auf dem richtigen Weg, kann diesen aufgrund mangelnder politologischer Expertise aber leider nicht zu Ende gehen.
Tamara Ehs (TE)
Dr. phil., Politikwissenschaftlerin am IWK Wien und Lehrbeauftragte an der Universität Salzburg (http://homepage.univie.ac.at/tamara.ehs/)
Rubrizierung: 3.3 | 3.2 | 3.4 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: Oliver Mross: Bürgerbeteiligung am Rechtsetzungsprozess in der Europäischen Union. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32251-buergerbeteiligung-am-rechtsetzungsprozess-in-der-europaeischen-union_38487, veröffentlicht am 17.06.2010. Buch-Nr.: 38487 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken