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Wolfgang Schäuble

Braucht unsere Gesellschaft Religion? Vom Wert des Glaubens

Berlin: Berlin University Press 2009 (Berliner Reden zur Religionspolitik); 75 S.; 17,90 €; ISBN 978-3-940432-54-4
Unter der Regie des Autors fand im Herbst 2006 die erste „Deutsche Islam Konferenz“ statt. In den hier versammelten drei Reden, die zwischen 2005 und 2008 gehalten wurden, schlägt sich die christliche Herkunft des Autors deutlich nieder. In dem Text „Staat und Islam in Europa“ befasst sich Schäuble vor allem mit der Frage, wie über den Dialog eine Integration der europäischen Muslime ermöglicht werden kann. Dabei betont er durchaus, dass der Islam nicht unerheblich zur Kultur des europäischen Mittelalters beigetragen hat und zahlreiche Überlieferungen der Antike heute nur zur Verfügung stehen, da sie von muslimischen Gelehrten gerettet wurden. Unter dem Eindruck, dass fundamentalistische Bewegungen, die nicht die Mehrheit der Muslime vertreten, heute eine „Islamisierung Europas“ (32) betrieben, verweist Schäuble darauf, dass diese Kontroversen nicht schnell beigelegt werden können. Europa selbst habe für den Prozess der Säkularisierung Jahrhunderte gebraucht. Den Integrationsbegriff definiert Schäuble abstrakt über „Zugehörigkeit“ und „geteilte Gefühle und emotionale Beziehungen“ (36). Der Kerngedanke liegt jedoch darin, dass Integration ein zweiseitiger Prozess ist: „Wir müssen wissen, dass […] wir selbst uns im Laufe der Zeit verändern werden“ (39). Schäuble ist mit Hinsicht auf ein Gelingen optimistisch, warnt aber: „Meines Erachtens ist in den kommenden Jahren, weltpolitisch gesehen, die innerislamische Auseinandersetzung die größere Sorge.“ (45) Der Text „Religion als Herausforderung für die Politik“ ist weniger ausgeglichen. Auf sehr allgemeiner Ebene verurteilt der Autor die Säkularisierungsprozesse in ihrer „Einseitigkeit der friderizianischen, aufklärerischen Sicht“ (18), die so einseitig nicht war. Unklar im Zusammenhang bleibt auch sein Argument von der „Macht der Gefühle“ (20) und der politischen Notwendigkeit der Religion, wenn er erläutert, dass ein bloßer Verfassungspatriotismus nicht die Begeisterung zur Fußballweltmeisterschaft erklären könne.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Wolfgang Schäuble: Braucht unsere Gesellschaft Religion? Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30625-braucht-unsere-gesellschaft-religion_36370, veröffentlicht am 10.06.2009. Buch-Nr.: 36370 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken