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Dieter Boris

Bolívars Erben. Linksregierungen in Lateinamerika

Köln: PapyRossa Verlag 2014; 202 S.; 14,90 €; ISBN 978-3-89438-545-3
Der Soziologe und Lateinamerika‑Experte Dieter Boris legt eine Studie über gegenwärtige lateinamerikanische Linksregierungen vor, die sich nicht auf einzelne Länder oder Einzelaspekte konzentriert, sondern allgemein auftretende Tendenzen aufzeigt. Er würdigt diese Regierungen, „die schon jetzt Wesentliches bewegen und zum Besseren verändern konnten“ (9), zusammen als „einmalige historische Konstellation, die es in Lateinamerika seit der politischen Unabhängigkeit vor circa 200 Jahren noch nie gegeben hat“ (8 f.). Boris sieht in dem Scheitern des neoliberalen Projekts die Hauptursache für das Aufkommen der Linksregierungen, die sich über normale Wahlen (Venezuela, Brasilien, Uruguay), aber auch nach Umstürzen (Argentinien, Ecuador, Bolivien) etablieren konnten. Dabei betont er, dass man in Bezug auf den Subkontinent nicht von einem Linksruck sprechen dürfe, es gebe nicht nur noch viele andere Regierungen, sondern es seien auch die politischen Hauptgruppierungen hinter den Regierungen nicht immer eindeutig festzulegen. Die positiven Auswirkungen der Hinwendung zu diesen neuen politisch‑ökonomischen Modellen sind für den Autor auf unterschiedlichen Ebenen festzumachen. Auch in den eher langfristig und schwergängiger zu verändernden Sozialstrukturen erkennt er bereits positive Tendenzen, wie etwa eine soziale Aufwärtsmobilität und einen Rückgang des informellen Sektors, Tendenzen, „die die Gesellschaften etwas weniger unerträglich für die große Masse der Bevölkerung gemacht haben“ (108). Boris beendet seinen Band mit staatstheoretischen Überlegungen, in denen er vor allem die Rolle des Staates in Transformationsprozessen hinterfragt, und resümiert: „Weder eine radikal anti‑etatistische Position […], noch eine ‚staatsvergötternde‘ Position […] sind im Transformationsprozess sinnvoll und realistisch.“ (182 f.) Stattdessen geht er von der Richtigkeit des Postulats eines „Umbaus des Staates“ aus, wobei er durchaus die Schwierigkeiten der politischen Alltagswirklichkeit in den Blick nimmt. Deshalb hält er für die Zukunft der lateinamerikanischen Linksregierungen fest: „Es fehlt offenbar für eine neue Etappe die erforderliche strategische Zielstellung, die über das bisher Erreichte hinausweist.“ (185)
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.65 | 2.1 | 2.2 | 2.22 | 2.262 | 2.21 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Dieter Boris: Bolívars Erben. Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37326-bolvars-erben_45394, veröffentlicht am 24.07.2014. Buch-Nr.: 45394 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken