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Alexander Bogner

Bioethik und Rassismus. Neugeborene und Koma-Patienten in der deutschen Euthanasie-Debatte

Hamburg: Argument 2000 (Argument Sonderband N. F. 277); 169 S.; brosch., 29,80 DM; ISBN 3-88619-277-6
Immer wieder gibt es Diskussionen um Sterbehilfe bei Schwerkranken und schwerstbehinderten Neugeborenen. Dabei werden häufig altruistische Motive genannt ("Erlösung von unheilbarem Leiden"), um diese Handlungen zu legitimieren. Damit grenzen sich die Befürworter gegen die eugenischen und rassistischen Argumentationen ab, die teilweise bereits seit Beginn des Jahrhunderts (im Übrigen gerne von linken Sozialreformern) vorgebracht und insbesondere in ihrer rassistischen Spielart von den Nazis für ihre Euthanasie-Politik verwendet wurden. Der Autor zeichnet in seinem engagiert geschriebenen Buch die wesentlichen Argumentationsstränge der letzten 100 Jahre der Diskussion um Euthanasie nach, um die ideologischen Wurzeln der heutigen Diskussion aufzuzeigen. Der Schwerpunkt liegt auf einer Präsentation der Positionen vier führender Vertreter der aktuellen Debatte (Peter Singer, Norbert Hoerster, Reinhard Merkel sowie Anton Leist) und auf einer kritischen Darstellung ihrer teilweise unglaublichen Vorschläge, wie beispielsweise der Idee Singers, dass behinderte Neugeborene innerhalb von 28 Tagen nach der Geburt auf Verlangen der Eltern getötet werden dürfen (66 f.). Dabei wird deutlich, dass in der Diskussion zwar deutliche Akzentverschiebungen stattgefunden haben. "Allerdings hat sich die Annahme bestätigt, dass in die bioethische Rationalität rassistische Denkmuster eingeschrieben sind." (152) Und: "Die Gefahr besteht also nicht in der von Bioethikern so gefürchteten Ideologisierung der Debatte. Die Debatte ist an sich zutiefst ideologisch." (160) Inhaltsübersicht: I. "Erbgesundheit", "Lebenswert", "Aufartung": Die alte Euthanasie-Debatte; II. Die Bürde der NS-Euthanasie: Bewältigungsstrategien und Differenzierungsdefizite; III. Autonomie, "Lebenswert", "Personalität": behinderte Koma-Patienten im Kreuzfeuer der neuen Euthanasie-Debatte; IV. Euthanasie - ideologischer Klon des Rassismus?; V. Fundamentalismus allerorten oder: Keine Euthanasie-Debatte?
Silke Becker (Be)
Dipl.-Soziologin; freie Journalistin.
Rubrizierung: 2.37 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Silke Becker, Rezension zu: Alexander Bogner: Bioethik und Rassismus. Hamburg: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11781-bioethik-und-rassismus_14031, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14031 Rezension drucken