Skip to main content
Franz Preissler

Bestimmungsfaktoren auswärtiger Minderheitenpolitik: Russland und die Frage der Russischsprachigen im Baltikum, 1991-2004 (unter besonderer Berücksichtigung Lettlands)

Berlin: Lit 2014 (Studien zu Konflikt und Kooperation im Osten 20); XIX, 452 S.; 49,90 €; ISBN 978-3-643-12380-0
Diss. Frankfurt a. M.; Begutachtung: E. Jahn, G. Hellmann. – Hat Russland die russischsprachigen Minderheiten im Baltikum zur Durchsetzung seiner außenpolitischen Interessen benutzt? Diese Frage untersucht Franz Preissler am Beispiel Lettlands und Estlands im Zeitraum zwischen 1991 und 2004, dabei stützt er seine Aussagen vor allem auf die Analyse offizieller Dokumente und der Medienberichterstattung. Diese führt ihn zu der Erkenntnis, dass Russland beziehungsweise russländische Akteure die Minderheitenfrage vor allem Mitte der 1990er‑Jahre zur Verhinderung einer Aufnahme der baltischen Staaten in die NATO, also für ein sicherheitspolitisches Ziel, durchaus instrumentalisiert habe. Häufiger habe die Minderheitenfrage im Zeitraum 1992 bis 2004 aber zur Durchsetzung anderer außenpolitischer Ziele gedient: einerseits im Jahr 1994 zur Durchsetzung eines Bleiberechts für die 33.000 überwiegend russischsprachigen Militärpensionäre und deren Familienangehörige in Lettland und Estland (in Lettland insgesamt 87.000 Personen), andererseits Ende 1999/Anfang 2000 sowie 2003/2004 zur Abwehr westlichen Drucks in Menschenrechts‑ (zweiter Tschetschenienkrieg) und Demokratiefragen. Darüber hinaus habe Russland sich durchaus auch für die russischsprachigen Zuwanderer und deren Nachkommen eingesetzt. Zum Teil habe es sich um eine innenpolitische Instrumentalisierung des Themas gehandelt, die bis zum Bashing, das heißt heftiger Kritik an Lettland und seiner Minderheitenpolitik, gegangen sei. Ungeachtet dieser „nichtsicherheitspolitischen Aspekte der Politik Russlands sollte der Wert der russischsprachigen Minderheiten als (potenzielles) Instrument zur Durchsetzung sicherheitspolitisch‑strategischer Interessen nicht unterschätzt werden“ (30). Darauf, so der Autor, weise der Einmarsch Russlands in Georgien im August 2008 hin. Auch deute einiges darauf hin, dass Russland die Minderheitenfrage in Lettland und Estland stärker instrumentalisiert hätte, wenn die NATO bereits in den 1990er‑Jahren versucht hätte, diese Staaten an sich heranzuführen beziehungsweise sogar aufzunehmen – mit anderen Worten, wenn die im Jahr 2004 vollzogene Ausdehnung der NATO auf das Baltikum einen deutlich stärkeren militärischen Charakter gehabt hätte.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.22 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Franz Preissler: Bestimmungsfaktoren auswärtiger Minderheitenpolitik: Russland und die Frage der Russischsprachigen im Baltikum, 1991-2004 (unter besonderer Berücksichtigung Lettlands) Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37749-bestimmungsfaktoren-auswaertiger-minderheitenpolitik-russland-und-die-frage-der-russischsprachigen-im-baltikum-1991-2004-unter-besonderer-beruecksichtigung-lettlands_45596, veröffentlicht am 06.11.2014. Buch-Nr.: 45596 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken