Skip to main content
Sophia Deeg / Hermann Dierkes (Hrsg.)

Bedingungslos für Israel? Positionen und Aktionen jenseits deutscher Befindlichkeiten

Köln: Neuer ISP Verlag 2010; 224 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-89900-134-1
Vor dem Hintergrund des Holocaust ist das Verhältnis zwischen Israel und Deutschland seit jeher ein besonderes. Wer dieses Verhältnis thematisiert oder gar infrage stellt, begibt sich politisch auf dünnes Eis. Dahin wagen sich die Autoren dieses Bandes. Zu Wort kommen israelkritische Intellektuelle, Friedensaktivisten und Politiker der LINKEN. Den Aufhänger bildet das politische Schicksal des Mitherausgebers Dierkes. Der Vorsitzende der Ratsfraktion DIE LINKE Duisburg ging nach eigener Einschätzung als aussichtsreicher Kandidat ins Rennen um die Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, ehe ihm seine vehemente Kritik an der israelischen Bombardierung Gazas im Winter 2008/09 zum Verhängnis geworden sei. Der von der Westfälischen Allgemeinen Zeitung lancierte und von BILD, Tagesspiegel und Deutschlandfunk aufgegriffene Antisemitismusvorwurf habe ihn aller Chancen beraubt, so der Vorwurf. Im Unterschied zu anderen Ländern im nordatlantischen Raum sei es in der Bundesrepublik nämlich kaum möglich, so der Grundtenor der Beiträge mit innenpolitischem Fokus, zwischen einer bedingungslosen Unterstützung des Staates Israel und einer besonderen Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk zu trennen. So versteht sich der Band als eine Kritik am totalen Kritikverbot Israels respektive als Kritik an der „gnadenlosen Diffamierung jeglicher Kritik“ (15) der außen- und sicherheitspolitischen Maßnahmen Israels, die nach Einschätzung der Herausgeber einem „Apartheidsystem“ (12) gleichkämen. In einer liberalen Demokratie kann das Ziel der Autoren als ein legitimes und wichtiges Anliegen gesehen werden, zumal Israel die Resolutionen der Vereinten Nationen seit Jahren missachtet. Allerdings ignorieren die Autoren, die ein umfassendes Selbstbestimmungsrecht für Palästina einfordern, dass dieser Schritt die Sicherheitsinteressen Israels bedrohen könnte. Ohne praktikable und verlässliche Lösungen für dieses Problem wird jede weitere Friedensinitiative erfolglos bleiben.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.331 | 2.63 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Sophia Deeg / Hermann Dierkes (Hrsg.): Bedingungslos für Israel? Köln: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34246-bedingungslos-fuer-israel_41104, veröffentlicht am 20.10.2011. Buch-Nr.: 41104 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken