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Bernhard Pötter

Ausweg Ökodiktatur? Wie unsere Demokratie an der Umweltkrise scheitert

München: oekom verlag 2010 (quergedacht); 93 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-86581-219-3
An steilen Thesen und einer gehörigen Dosis Pessimismus herrscht kein Mangel in diesem anregenden Buch. Pötter wirft der Politik Untätigkeit und Verharmlosung der Risiken von Klimawandel und anderen globalen Umweltproblemen vor. So seien die Industriestaaten auf der Konferenz von Kopenhagen 2009 komplett gescheitert. Und da Umweltpolitik mehr und mehr „zu einer der entscheidenden Größen der Realpolitik“ (14 f.) werde, sieht er schwarz für die westlichen Industriestaaten: Demokratien „scheitern an der Zukunft“ (11), ist seine Grundthese. Je später wir umzusteuern beginnen, desto höher die Kosten – finanziell, politisch und sozial. Die globale Bedrohung durch von Menschen herbeigeführte Umweltschäden zeige dem demokratischen System seine Leistungsgrenzen auf. Pötter befürchtet, dass irgendwann nur noch autoritäre Machtmittel bleiben, um die so lange ignorierten Umweltrisiken zu beherrschen. Dem setzt er das Modell einer Ökokratie als einer Erweiterung der liberalen Demokratie entgegen. In ihr sollen Grenzen für das Wirtschaftssystem festgelegt werden, die vom biologisch-physikalischen System der Erde definiert werden. Die Ökologie müsse im Zentrum der politischen Systeme stehen. Für Pötter führt kein Weg daran vorbei, ein weniger ressourcenintensives Wirtschaftssystem als den Kapitalismus einzurichten. Das, was wir als unsere Freiheit so hochhielten, sei in Wahrheit ein „Freiheitsradikalismus“ (33), dessen ökologische Konsequenzen in die Schwellenländer verlagert würden. Dagegen helfe nur noch Verzicht. Technik sei kein Allheilmittel und wir sollten auch nicht auf die Vernunft des Menschen oder den grünen Verbraucher hoffen. Pötter plädiert für klare Einschränkungen und fordert einen neuen europäischen Vertrag zur Sicherung der Lebensgrundlagen. Eine Zukunftsbank Europa soll politische Beschlüsse auf EU- und Staatenebene bündeln und umsetzen. Konkrete ökologische Grundrechte sollen auf nationaler Ebene und im Rahmen der EU definiert werden. Bei allem gelte jedoch: Der Weg sei das Ziel und eine Ökokratie könne funktionieren, ohne in Autoritarismus zu verfallen. Die Ökokratie ist für Pötter eine Vision oder Utopie. Wer Visionen habe, müsse nicht zum Arzt, aber wer keine habe, solle zum Psychiater, schließt der Journalist seine Überlegungen.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.45 | 3.5 | 2.261 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Bernhard Pötter: Ausweg Ökodiktatur? München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32896-ausweg-oekodiktatur_39292, veröffentlicht am 19.01.2011. Buch-Nr.: 39292 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken