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Archie Brown

Aufstieg und Fall des Kommunismus. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer, Norbert Juraschitz, Hainer Kober und Thomas Pfeiffer

Berlin: Propyläen Verlag 2009; 938 S.; geb., 29,90 €; ISBN 978-3-549-07293-6
„Als alternatives Konzept zur Organisation der menschlichen Gesellschaft war der Kommunismus ein entsetzlicher Fehlschlag“ (821), resümiert der britische Historiker Brown am Ende seiner großartigen, zeitlich wie räumlich umfassenden Darstellung. Zwar sieht er die Ideen, die zur kommunistischen Theorie führten, tief in der europäischen Geistesgeschichte verwurzelt. Aber den geistigen Vätern des Kommunismus, Marx und Engels, bescheinigt er eine gravierende Fehleinschätzung: Die Annahme, dass sich das Proletariat im gleichen Maße wie das kapitalistische System entwickle und revolutioniere, sei missraten – ebenso wie die Schlussfolgerung der Kommunisten, dass der Einsatz von Gewalt legitim sei. Zudem habe Lenin nicht begriffen, „dass Freiheit nur erreichbar ist, wenn es Einrichtungen gibt, die die Freiheitsrechte verteidigen können“ (87) – man könnte also kurz sagen: Der Kommunismus basierte auf falschen Annahmen. Brown stellt nun drei Fragen in den Mittelpunkt: „1. Wie und warum gelangten Kommunisten an die Macht? 2. Wie konnten sie sich in einer Vielzahl von Ländern und auf verschiedenen Kontinenten so lange an der Macht halten? 3. Was waren die Ursachen für den Zerfall beziehungsweise Kollaps des kommunistischen Systems?“ (17) Als Merkmale eines kommunistischen Staates definiert er: das Machtmonopol der Partei, den demokratischen Zentralismus (als Deckmantel einer streng hierarchischen Partei), das nichtkapitalistische Eigentum an Produktionsmitteln, die Planwirtschaft, die Absicht, den Kommunismus aufzubauen, sowie die Zugehörigkeit zu einer internationalen kommunistischen Bewegung. Unter Hinweis auf China, wo die Kommunisten die Wirtschaft reformierten, ohne das politische Machtmonopol aufzugeben, vertritt Brown die These, dass weder die wirtschaftliche Stagnation noch das Wettrüsten den sowjetischen Kommunismus kollabieren ließ. Ausschlaggebend sei allein die politische Einsicht der parteiinternen Reformer gewesen – allen voran komme Michail Gorbatschow und seinem Berater Alexander Jakowlew das Verdienst zu, den Kommunismus zu Fall gebracht und damit die osteuropäischen Staaten befreit zu haben.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.252.12.22.224.12.612.622.652.672.682.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Archie Brown: Aufstieg und Fall des Kommunismus. Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30236-aufstieg-und-fall-des-kommunismus_35879, veröffentlicht am 13.05.2009. Buch-Nr.: 35879 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken