Auf dem Weg zu Just Peace Governance. Beiträge zum Auftakt des neuen Forschungsprogramms der HSFK
Die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) befasst sich in ihrem neuen Programm mit der Analyse von „Just Peace Governance“, worin Gerechtigkeit, Frieden und Governance zusammengeführt werden. Die Herausgeber formulieren zwei Hauptfragen: Welche Chancen und Risiken bergen liberal-demokratische Ordnungsvorstellungen für ein globales Regieren? Welche Folgen hat die kulturell-normative Verschiedenheit von Gerechtigkeitsvorstellungen für Governance-Strukturen? Anna Geis und Niklas Schörnig erinnern in ihrem Beitrag über „Demokratien als Weltordner“ daran, dass der Siegeszug der Demokratien nach 1990 „nicht nur gute Nachrichten für den Weltfrieden“ (71) bedeutet. Das völkerrechtliche Nichtinterventionsgebot sei durch eine humanitär gerechtfertigte Interventionspraxis aufgeweicht worden. Bei einer Inhaltsanalyse von 781 Parlamentsreden zum Golfkrieg 1991, Kosovokrieg 1999 und Irakkrieg 2003 kommen Geis und Schörnig zu dem Ergebnis, dass sich die westlichen Demokratien als „legitime, wenn nicht gar gegenüber Nichtdemokratien privilegierte“ (88) Weltordner verstehen. Neben der Problematik, dass die liberalen Demokratien höchst selektiv agieren, trete bei genauer Betrachtung auch die Heterogenität der Wertvorstellungen zwischen ihnen zutage. Nina Tannenwald befasst sich mit der Frage der Gerechtigkeit im nuklearen Nichtverbreitungsregime. Sie konstatiert dessen Krise, die sie auf „die fundamentale Asymmetrie“ (117) des Vertrags von 1968 zurückführt. Entgegen der Meinung, Staaten wie der Iran oder Nordkorea würden ohnehin nach Atomwaffen streben, sieht die Autorin tatsächlich das Gerechtigkeitsproblem als zentral an. Ein Transformationsregime sei zu einem Status quo-Regime geworden, da die Atommächte ihren Abrüstungsverpflichtungen nicht nachkommen. So gebe es auch keine Institution zur Überwachung von Abrüstung, wie es beispielsweise die IAEO für die Nichtverbreitung übernehme. Zudem, führt sie weiter aus, müssten Ungleichheiten in der Behandlung zum Beispiel Indiens und Pakistans abgebaut werden. Der Band geht auf eine Tagung der HSFK im Juni 2009 zurück.