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Sebastian Voigt / Heinz Sünker (Hrsg.)

Arbeiterbewegung – Nation – Globalisierung. Bestandsaufnahme einer alten Debatte

Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2014; 231 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-942393-71-3
Als dieser Sammelband zur Veröffentlichung vorbereitet wurde, war wohl nicht ansatzweise abzusehen, welche Aktualität die behandelten Fragestellungen innerhalb kürzester Zeit wieder erlangen würden. Der eigentliche Hintergrund der Veröffentlichung ist ein Interview, das ein Vertrauensdozent der Hans‑Böckler‑Stiftung im Jahr 2011 der neurechten Zeitung „Junge Freiheit“ gab und in dem er die antinationale Haltung linker Strömungen kritisierte. Die daraufhin einsetzende Empörungswelle insbesondere unter Stipendiaten der Stiftung nahm diese zum Anlass, im Rahmen einer Tagung eine Bestandsaufnahme zum Verhältnis Arbeiterbewegung und Nation(alismus) vorzunehmen und konkurrierende Deutungen zu Wort kommen zu lassen. Die Beiträge der 2012 abgehaltenen Tagung sind in diesem Band dokumentiert. Dabei werden sowohl historische Fragestellungen aufgegriffen als auch gegenwärtige Problemstellungen diskutiert. Deutlich wird, dass das Verhältnis zwischen Arbeiterbewegung und Nation immer schon spannungsgeladen war: Haftete der „nationalen Frage“ ursprünglich etwas Bürgerlich‑Fortschrittliches an und war sie somit auch mit vielen Forderungen der Arbeiterbewegung verknüpft, gewann schließlich eine reaktionäre Form die Oberhand. Zugleich erkannte die Arbeiterbewegung, dass ihre Zielsetzungen von der Logik her internationalistisch ausgerichtet waren. Dass sich dieses ambivalente Verhältnis bis heute durch die Geschichte der Gewerkschaften zieht, zeigt zum Beispiel Sebastian Wertmüller. Auch argumentiert er, dass die Gewerkschaften definitiv das Potenzial besäßen, zur bedeutsamsten gesellschaftlichen Kraft im Kampf gegen den Rechtsextremismus zu werden. Dies erfordere aber eine Neuausrichtung gewerkschaftlicher Bildungsarbeit: Gesellschaftspolitische Fragestellungen müssten wieder stärker einbezogen werden, statt sich auf rein betriebliche Probleme zu konzentrieren und dabei – auch aus strategischem Interesse – latente Rassismen innerhalb der Arbeiterschaft stillschweigend zu dulden. Deutlich wird in vielen Beiträgen, dass jegliche Versuche, aus linker Perspektive einen progressiven Nationalismus neu zu entwerfen, mehr Gefahren als Chancen enthalten – einen ungefährlichen Nationalismus gibt es nicht (mehr). Alles in allem bietet das Buch eine Reihe historischer Abrisse und Informationen und enthält darüber hinaus viele explizite und implizite Denkanstöße mit Blick auf politische Herausforderungen, denen sich sowohl die wissenschaftliche Forschung zum Nationalismus als auch gesellschaftliche Akteure stellen müssen.
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Rubrizierung: 2.222.22.3122.372.331 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Sebastian Voigt / Heinz Sünker (Hrsg.): Arbeiterbewegung – Nation – Globalisierung. Weilerswist: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39702-arbeiterbewegung--nation--globalisierung_45037, veröffentlicht am 26.05.2016. Buch-Nr.: 45037 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken