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Richard Gebhardt / Anne Klein / Marcus Meier (Hrsg.)

Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft. Beiträge zur kritischen Bildungsarbeit

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2012; 231 S.; brosch., 29,95 €; ISBN 978-3-7799-2830-0
Welche Anforderungen an die politische Bildung stellt eine heterogene Klientel, die weder ein gemeinsames Geschichtsbewusstsein noch eine gemeinsame Erinnerungskultur – und schon gar nicht die gleichen Lebenserfahrungen – teilt? Was, wenn Antisemitismus immer mehr in Mode kommt, aber aus ganz unterschiedlichen Motiven? Der Band versucht diese ebenso schwierigen wie für die politische Bildung und das Selbstverständnis der Bundesrepublik immens wichtigen Fragen zu beantworten. Die Herausgeber haben hierfür drei Themenkomplexe zusammengestellt. Zunächst erfolgen grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen Antisemitismus. Albert Scherr skizziert in seinem Beitrag die Spezifika der deutschen Einwanderungsgesellschaft und konstatiert schon beinahe resigniert, dass zur Teilnahme an politischer Bildungsarbeit niemand gezwungen werden könne. Umso wichtiger sei es für Bildungsträger, an die Multiplikatoren der verschiedenen Einwanderergruppen, die für einen Austausch offen seien, heranzutreten. In dem zweiten, umfangreichsten Teil geht es um die konkreten Erscheinungsformen von Antisemitismus bei denen, die ihn hervorbringen und leben. Mehmet Can zeigt etwa, wie dem antisemitisch motivierten Stereotyp eines signifikanten jüdischen Einflusses auf die globale Ökonomie im Rahmen mehrstündiger Unterrichtseinheiten für die gymnasiale Oberstufe begegnet werden kann. Unter Rückgriff auf seine Erfahrungen an Schulen in Berlin und Nordrhein‑Westfalen kann er einerseits auf eine tendenziell positive Resonanz der Einheiten verweisen. Andererseits ist er auch skeptisch, in welchem Maße solche einmaligen Reihen im Unterricht tatsächlich zu einer nachhaltigen Veränderung in der Einstellung der Schülerinnen und Schüler beitragen können, wenn diese der Idee einer antisemitisch motivierten Kapitalismuskritik anhängen. Im dritten Teil werden schließlich konkrete Empfehlungen für die politische Bildungsarbeit formuliert. Barbara Schäuble hat hierzu zahlreiche Ideen, Ansätze und Fragestellungen zusammengetragen, die als Ausgangsmaterial für eigene Unterrichtseinheiten dienen können. Alle Beiträge, von denen einige auf die Tagung „Dimensionen des Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft“, die im Mai 2011 in Köln stattfand, zurückgehen, enthalten weiterführende Literaturhinweise und sind für die theoretische wie (unterrichts‑)praktische Auseinandersetzung mit dem Thema nachhaltig zu empfehlen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Richard Gebhardt / Anne Klein / Marcus Meier (Hrsg.): Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft. Weinheim/Basel: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9224-antisemitismus-in-der-einwanderungsgesellschaft_43185, veröffentlicht am 21.02.2013. Buch-Nr.: 43185 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken