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Susann Witt-Stahl / Michael Sommer (Hrsg.)

"Antifa heißt Luftangriff!" Regression einer revolutionären Bewegung

Hamburg: LAIKA Verlag 2014 (LAIKAtheorie); 212 S.; 21,- €; ISBN 978-3-944233-13-0
Der Methodenstreit des Antifaschismus ist zur Definitionsfrage der Linken geworden. Tatsächlich verlangt die weitgehende Orientierungslosigkeit nicht nur der Masse der sich als links verstehenden Organisationen, sondern auch ihrer intellektuellen Speerspitzen zu alten und neuen Phänomenen des Autoritären, Gewalttätigen, Kapitalistischen, Antisemitischen – sei es im Mittleren Osten oder in der Ukraine – nach einer grundlegenden Revision ihrer wissenschaftlichen Erklärungsmuster. Dieser Band geht dazu den Weg der radikalen Polemik gegen all das, „was Antifaschismus nicht sein darf“ (13). Susann Witt‑Stahl eröffnet den Band mit einer Literaturübersicht und weist auf die strukturelle Ähnlichkeit neulinker und neoliberaler Faschismusanalysen hin. Gemeinsam sei den beiden, Faschismus und Antisemitismus mehr oder weniger unabhängig vom Kapitalverhältnis und dafür eher als regressiven Kollektivismus zu betrachten. Diese Hinwendung zur Theorie der totalitären politischen Einstellungen sei das Ergebnis eines von der Linken verkannten „Strategiewechsels der bürgerlichen Rechten“ (33). Als Ausweg wird eine Rückbesinnung auf ideologiekritische Klassiker, Marcuse und Reich, Horkheimer und Adorno, vorgeschlagen – unter Rücknahme ihrer Vereinnahmung durch Autoren des antideutschen Spektrums. Die Argumentation bleibt dabei meistens auf der Ebene der Konfrontation, nur selten wird ein Problem systematisch über beide Seiten hinweg aufgefaltet. Das grundlegende Bezugsproblem – wie die Beziehung zwischen bürgerlicher Gesellschaft und Faschismus begriffen werden kann – wird durch die paradigmatische und so gut wie vollständige Gleichsetzung von bürgerlicher Gesellschaft und Herrschaft des Kapitals zugedeckt; eine Setzung, die sich durch den ganzen Band zieht. Auch Jürgen Lloyd kann sich in seinem sonst analytisch sehr klaren Aufsatz dieser Sogwirkung nicht ganz entziehen, obgleich seine Entwicklung des Begriffs der Interessen einen wichtigen Beitrag zu eben diesem Problem leistet. Einen weiteren Höhepunkt stellt das enthaltene Gespräch mit Moshe Zuckermann dar, der seine Kritik der Adorno‑Rezeption mit einer zielgenauen Analyse der „bellizistischen Bedürfnisse“ (192) und „narzisstischen Dimension“ (197) von Teilen der Linken verbindet.
Florian Geisler (FG)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.222.331 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Susann Witt-Stahl / Michael Sommer (Hrsg.): "Antifa heißt Luftangriff!" Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37517-antifa-heisst-luftangriff_45714, veröffentlicht am 11.09.2014. Buch-Nr.: 45714 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken